Diese Zeitschriften gibt es bald nicht mehr
Ist Ihr Lieblingsmagazin auch dabei?
HAMBURG/KÖLN (dpa/vs) - Mega-Teuerungsraten unter anderem bei den Preisen für Papier und Energie zwingen auch bis vor einigen Jahren profitabel arbeitende Medienunternehmen, beliebte Zeitschriften-Reihen einzustellen oder zu verkaufen. Ist Ihr Lieblingsmagazin auch dabei?
RTL Deutschland plant in seinem Zeitschriftensegment um den früheren Verlag Gruner + Jahr den Wegfall von rund 700 der 1900 Stellen. Dazu werden Magazintitel eingestellt und Verkäufe geprüft, während in die verbleibenden Kernmarken wie zum Beispiel «Stern» vor allem im Digitalen investiert wird, wie der Medienkonzern am Dienstag mitteilte. Hintergrund ist das drohende Abrutschen der rückläufigen Publishing-Geschäfte in die Verlustzone.
Konkret sehen die Pläne so aus: Die 13 Marken «Stern», «Geo», «Capital», «Stern Crime», «Brigitte», «Gala», «Schöner Wohnen», «Häuser», «Couch», «Geolino», «Geolino mini» sowie die digitalen Bereiche von «Eltern» und «Chefkoch» bleiben im Portfolio. Sie machen nach Unternehmensangaben etwa 70 Prozent des Umsatzes aus. Bis 2025 sind Investitionen von rund 80 Millionen Euro geplant.
Keine Zukunft für viele Titel
Alle anderen Zeitschriftentitel werden eingestellt oder verkauft. Keine Zukunft sieht RTL zum Beispiel für Ableger der Kernmarken wie «Geo Epoche» und «Geo Wissen», «Brigitte Woman» und «View» (Stern). Der Vorsitzende der Geschäftsführung von RTL Deutschland, Thomas Rabe, sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Viele der Titel sind Ableger. Wir können uns nicht vorstellen, diese zu verkaufen, wenn wir die Kernmarken "Geo" und "Brigitte" behalten. Sonst wäre eine einheitliche Markenführung nicht möglich.» Auch die Magazine «Guido» um den Designer Guido Maria Kretschmer und «Barbara» um TV-Moderatorin Barbara Schöneberger werden eingestellt. Insgesamt sind es 23 Titel.
Einen Verkauf prüft RTL für die fünf Marken «Business Punk», «Art», «P.M.», «Beef!» und «Salon». Die RTL-Beteiligungen an «11 Freunde» und an der Verlagsgruppe Deutsche Medien-Manufaktur in Münster («Landlust», «Essen & Trinken») stehen ebenso zum Verkauf. Rabe, der auch Bertelsmann-Chef ist, sagte zum aktuellen Stand: «Es hatte Interessensbekundungen gegeben – mündlich und schriftlich. Es gab aber keinerlei Sondierungs- oder Verkaufsgespräche, geschweige denn Angebote. Wir werden in den nächsten Wochen mit Gesprächen beginnen.» Man wolle zunächst mit Betriebsrat und den Mitarbeitern sprechen. «Dann werden wir in aller Ruhe in den nächsten Wochen den Markt sondieren und sehen, wer sich für welchen Titel wirklich interessiert und in welcher zeitlichen Schrittfolge wir die Titel abgeben.»
Schrittweise bis 2025
Die RTL-Pläne führen dazu, dass rund 500 Stellen abgebaut werden. Das soll «bis Ende 2025 schrittweise» erfolgen. Der weit überwiegende Teil des Stellenabbaus betreffe Hamburg und sei nicht im redaktionellen Bereich, sondern in Verwaltungsbereichen geplant. Hinzu kommen etwa 200 Stellen, die durch den geplanten Verkauf auf neue Eigner übergehen würden. Mit dem Wegfall von rund 700 Stellen wäre das mehr als jede dritte der 1900 Vollzeitstellen im Zeitschriftensegment, die vorwiegend in Hamburg angesiedelt sind.
RTL Deutschland mit Hauptsitz in Köln hatte zum Jahr 2022 die deutsche Magazinsparte des Hamburger Verlagshauses in sein Portfolio integriert und erhofft sich Synergien. Beide Bereiche gehören zum Bertelsmann-Konzern. In den vergangenen Monaten prüfte RTL das Zeitschriftenportfolio. Von Mitarbeitern und Gewerkschaftern hatte es Protest gegen einen möglichen Verkauf der Titel des Hamburger Verlagshauses, das jahrzehntelang zu den mächtigsten Medienhäusern in Europa zählte, gegeben.
Rabe sagte im dpa-Gespräch: «Die Strategie von Gruner ist in der Zukunft, sich auf die Kernmarken und die Haupttitel zu konzentrieren.» Er ergänzte: «Wir sehen in den Kernmarken einen erheblichen Wert. Und wir sehen erhebliche Verbundeffekte zwischen den Kernmarken von Gruner + Jahr und RTL, nicht nur in der redaktionellen Zusammenarbeit, sondern vor allem in der Vermarktung.»
Ohne Maßnahmen nicht profitabel?
Über die wirtschaftliche Lage des Publishing-Geschäfts sagte Rabe: «2022 lag das Ergebnis nach allen Abzügen bei 1 Million Euro. Aufgrund der Marktentwicklung bei Anzeigen und Vertrieb, aber auch durch Kostensteigerungen von Papier und Energie wäre Gruner + Jahr ohne Maßnahmen in diesem Jahr im Ebita zweistellig negativ.» Der Umsatz in dem Bereich lag 2022 bei etwa 350 Millionen Euro.
Hamburg soll als Zeitschriften-Standort erhalten bleiben. Rabe sagte: «Wir bleiben mit den Geschäften in Hamburg – bis auf die Corporate-Funktionen, die überwiegend in Köln gebündelt werden. Die Mitarbeiter in Hamburg sollen bis Ende 2024 in neue Räumlichkeiten ziehen.» Einen genauen Ort nannte er nicht. «Wir schauen uns im Moment mehrere Standorte an.»
Die Anteile am «Spiegel» und an der DDV Mediengruppe, zu der die «Sächsische Zeitung» zählt, bleiben im Bertelsmann-Konzern, wie Rabe sagte. «Das stand nie zur Debatte.» Die Geschäfte seien dem Bereich Bertelsmann Investments zugeordnet.
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