BGH: Wichtiges Urteil zum Urheberrecht
Haben Birkenstock-Sandalen einen geschützten Kunst-Status?
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- Am BGH geht es um mehrere Sandalen-Klassiker von Birkenstock.
- Foto: Rolf Vennenbernd/dpa (Symbolfoto)
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KARLSRUHE (dpa) - Wie man auch zur Birkenstock-Sandale steht - das Design kennt wohl jeder. Aber sind die Schuhe Kunstwerke und dadurch urheberrechtlich geschützt? Der BGH hat das unter die Lupe genommen.
Von Jacqueline Melcher, dpa
Was Kunst ist, liegt oft im Auge des Betrachters. Manchmal braucht es aber doch eine objektive Beurteilung. So etwa, wenn es darum geht, ob Birkenstock-Sandalen Werke der angewandten Kunst und damit urheberrechtlich vor Nachahmungen geschützt sind. Mit dieser Frage hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigt. Nun steht eine Entscheidung an.
Birkenstock hatte gegen drei Konkurrenten geklagt, die Sandalenmodelle verkauften, die den eigenen sehr ähneln. Der Schuhhersteller mit Hauptsitz in Linz am Rhein in Rheinland-Pfalz sieht darin einen Verstoß gegen das Urheberrecht. Denn die Birkenstock-Sandalen seien Werke der angewandten Kunst, die nicht einfach nachgeahmt werden dürften.
Am Donnerstag wird sich zeigen, ob der BGH das auch so sieht. Die Vorinstanzen waren sich in der Frage uneinig. Während das Landgericht Köln die Schuhmodelle zunächst als Werke der angewandten Kunst anerkannte und den Klagen entsprechend stattgab, wurden sie auf Berufung der beklagten Unternehmen vom Oberlandesgericht (OLG) Köln später abgewiesen. Das Gericht konnte keine künstlerische Leistung feststellen.
Urheberrecht schützt kreative Leistungen
Das Urheberrecht verleiht dem Schöpfer eines Werkes zunächst die exklusiven Nutzungsrechte an diesem Objekt. Dritte dürfen es also nicht ohne Erlaubnis wiedergeben oder vervielfältigen. Der Schutz bleibt bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers bestehen. Anders als zum Beispiel das Patent- oder Designrecht dient das Urheberrecht dem Schutz kreativer Leistungen. Urheberrechtlich geschützt sind somit etwa Schriftwerke, Filme, Computer-Programme - sowie Werke der bildenden oder angewandten Kunst.
Dass auch herausragendes Design von Gebrauchsgegenständen urheberrechtlich geschützt sein kann, sei im Urheberrecht seit Jahrzehnten anerkannt, erklärte Birkenstock-Anwalt Konstantin Wegner vor der Verhandlung im Januar. Das hätten Gerichte bereits etwa zu Leuchten im Stil der Bauhaus-Kunstschule, Möbeln des Architekten und Designers Le Corbusier und einem Porsche-Modell entschieden.
«Brutalistisches» Sandalen-Design
In dieser Tradition sieht Birkenstock auch die eigenen Sandalen-Designs. Konkret geht es am BGH um vier Modelle: «Arizona» (die Sandale mit zwei breiten Riemen, die 2023 im Hollywood-Film «Barbie» besondere Erwähnung fand), «Madrid» (mit einem Riemen), «Gizeh» (mit Zehentrenner) sowie den Clog «Boston». Dem Unternehmen nach sind es die Klassiker, die Verbraucherinnen und Verbraucher typischerweise mit der Marke in Verbindung bringen.
Laut der Kläger sind es sowohl einzelne Elemente wie Schnallen, Materialien oder die Riemenführung, als auch die Kombination dieser Elemente, die die Sandalenmodelle zu Werken der angewandten Kunst machten und den Urheberrechtsschutz begründeten. Das Design von Erfinder Karl Birkenstock im Stil Brutalismus sei einmalig gewesen, als die Klassiker zuerst erschienen.
OLG sah keine künstlerischen Entscheidungen
Bei der juristischen Bewertung steht die Frage im Zentrum, ob Birkenstock über den funktionalen Zweck der Gesundheitssandale hinaus einen künstlerischen Gestaltungsspielraum ausgenutzt hat. Das OLG Köln hatte das verneint. Demnach ließen sich keine künstlerischen Entscheidungen aus dem objektiven Erscheinungsbild der Sandale herleiten. Eine bloße Auswahl zwischen verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten reiche nicht aus.
Der erste Zivilsenat des BGH erklärte in der mündlichen Verhandlung im Januar, nach erster Einschätzung habe das OLG bei seiner Bewertung die richtigen Maßstäbe angesetzt. Es habe für die Definition eines Werkes der angewandten Kunst zutreffend eine bestimmte Gestaltungshöhe gefordert. Die Darlegungslast für einen Urheberrechtsschutz liege beim klagenden Hersteller.
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