Generationenwechsel im Historischen Straßenbahndepot St. Peter
Kurt Gottschalk verabschiedet sich nach 47 Jahren in den Ruhestand
NÜRNBERG (pm/nf) - Kurt Gottschalk ist seit 47 Jahren Mitarbeiter der VAG, seit 1976 Mitglied beim Verein der Freunde der Nürnberg-Fürther Straßenbahn und seit 21 Jahren betreut er das Historische Straßenbahndepot St. Peter. Jetzt geht er in den Ruhestand.
Doch nicht, ohne noch einmal aus seinem reichhaltigen Erfahrungsschatz rund um Busse und Bahnen in Nürnberg zu berichten und seinen Nachfolger Niklas Schwarzmann vorzustellen. Bereits Kurt Gottschalks Vater war Busfahrer und Klein-Kurt mit einer Monatskarte sein ständiger Begleiter. „Mir war immer klar, dass ich auch mal einen Bus oder eine Straßenbahn durch Nürnberg lenken wollte“, erinnert sich der heute 63-Jährige. Doch das ging erst nach einer Berufsausbildung, die er in der ehemaligen Straßenbahn-Lehrwerkstatt der VAG in der Fuchsstraße absolvierte.
Im Anschluss arbeitete er kurz als Mechaniker unter anderem in der Straßenbahn Hauptwerkstatt, bevor er im Herbst 1975 endlich in den Fahrdienst wechseln durfte. „Damals war das Straßenbahnnetz noch viel größer. Ich dürfte einer der letzten Fahrer sein, die noch im Regelbetrieb bis nach Schweinau, bis zur Bauernfeindstraße und sogar bis nach Fürth mit der Straßenbahn gefahren sind“, erzählt der Vollblutfahrer. Gut 20 Jahre war er im Großraum Nürnberg als Bus-, Straßen- bahn- und Oldtimerfahrer unterwegs und hat sich damit ausreichend für die nächste Sprosse auf seiner Karriereleiter qualifiziert.
1996 übernahm Gottschalk die Betreuung des Historischen Straßenbahndepots St. Peter – eine Aufgabe, die ihm wie auf den Leib geschneidert war. Sein erster großer Coup: die Organisation eines Wagen-Korsos durch die Stadt anlässlich 100 Jahre elektrische Straßenbahn in Nürnberg. Dabei fuhr er noch selbst den Zeppelinwagen 144. Ein Jahrzehnt später, beim nächsten großen Korso zu 125 Jahren Nahverkehr in Nürnberg lenkte sein Sohn den Wagen 144. „Das war kurios und toll“, erinnert sich der stolze Vater, dessen zweiter Sohn in der Straßenbahnwerkstatt in seine Fußstapfen getreten ist. „Im Übrigen: Manche Fahrzeuge verfolgen mich regelrecht! An dem Triebwagen 250 aus dem Jahr 1959 habe ich während meiner Zeit in der Werkstatt schon rumgeschraubt, dann habe ich ihn im Regelbetrieb gefahren und schließlich als Oldtimer im Museum gehegt und gepflegt.“
Gemeinsam mit den Freunden der Nürnberg-Fürther Straßenbahn, wo Kurt Gottschalk seit 1998 im Vereinsvorstand ist, und der VAG hat er das Historische Straßenbahndepot St. Peter zu einem Schatzkästchen des Nürnberger Nahverkehrs ausgebaut. Es macht Busse und Bahnen erlebbar und zeigt die umfangreiche Leistung, die hinter dem täglichen Mobilitätsangebot der VAG steckt. „St. Peter sollte immer eine Anlaufstelle für unsere Fahrgäste sein. Ein guter und engagierter Umgang mit ihnen war mir stets das Wichtigste. Diese Denke habe ich von meinem Vater übernommen und ich gebe sie an die Jungen weiter, die im Verein und bei der VAG nachwachsen. Denn es lohnt sich. Ich hatte mal an Heiligabend Dienst und da hat mir ein Kind mit seinen Eltern ein selbst gebasteltes Geschenk gebracht, weil wir VAG-Fahrer sie immer so zuverlässig chauffieren. Das vergesse ich nie.“ Ein Glück, dass Kurt Gottschalk der VAG auch in seinem Ruhestand erhalten bleibt: „Ein bisschen Oldtimer fahren darf ich auch künftig noch“, sagt er grinsend.
Froh darüber ist vor allem Niklas Schwarzmann, der nun in seine Fußstapfen tritt. Als Südstadtkind ist er ohne Auto aufgewachsen und somit schon seit frühester Kindheit mit Bussen und Bahnen mobil. Seit 1994 ist er aktives Mitglied bei den Freunden der Nürnberg-Fürther Straßenbahn. Und so reifte auch bei ihm frühzeitig der Wunsch, einmal für die VAG zu arbeiten. Seit 2000 war er als Bus-, Straßenbahn- und U-Bahn-Fahrer sowie als Verkehrsmeister im Einsatz, bis die Stelle als Betreuer des Historischen Straßenbahndepots neu ausgeschrieben wurde: „Da musste ich einfach meinen Hut für die Nachfolge von Kurt in den Ring werfen. Als langjähriges Vereinsmitglied, Oldtimerfahrer und VAG-Mitarbeiter liegen mir der Fortbestand des Historischen Straßenbahndepots, der Oldtimerfahrzeuge und die damit verbundene, notwendige Vermarktung sowie das Werben für den ÖPNV am Herzen. Ich freue mich sehr, dass es geklappt hat“, so der 38-Jährige.
Seine erste Bewährungsprobe hat Niklas Schwarzmann am kommenden Wochenende, 2. und 3. Dezember 2017, wenn er zum ersten Mal das Historische Straßenbahndepot St. Peter in der Schloßstraße 1 morgens um 10.00 Uhr für die Besucher auf- und abends um 17.30 Uhr wieder zuschließt. Der Eintritt kostet 6,00 Euro für Erwachsene und 3,00 Euro für Kinder. Bei der Familienkarte für 19,50 Euro ist zusätzlich eine Fahrt mit der Ringlinie 15 dabei, die ihre Runden um die Altstadt dreht. Die beliebten Glühweinfahrten sind in diesem Jahr bereits nahe-zu ausverkauft. „Seit wir sie auch über Facebook vermarkten, gehen sie weg wie die warmen Semmeln“, erklärt Schwarzmann. Das Historische Straßenbahndepot behutsam in eine digitalisierte Welt mit ihren sozialen Netzwerken zu geleiten, dürfte eine der Aufgaben des neuen Depot-Betreuers sein. „Ich freue mich auf alles, was da kommen mag“, versichert er bei seinem Amtsantritt.
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