Internationaler Nürnberger Menschenrechtspreis
Sayragul Sauytbay aus China: Einsatz für bedrohte Minderheiten

Oberbürgermeister Marcus König mit einem Bild der neuen Trägerin des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises: Sayragul Sauytbay. | Foto: Stadt Nürnberg
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  • Oberbürgermeister Marcus König mit einem Bild der neuen Trägerin des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises: Sayragul Sauytbay.
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NÜRNBERG (pm/nf) - Für ihren Einsatz um bedrohte Minderheiten in China erhält Sayragul Sauytbay aus China den Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis 2021. Dies hat die internationale Jury unter Vorsitz von Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König einstimmig beschlossen. Die 44-jährige Ärztin, kasachische Staatsbeamtin und Leiterin mehrerer Vorschulen, bekommt die mit 15.000 Euro dotierte Auszeichnung, weil sie sich „mit bewundernswertem Mut für die muslimischen Minderheiten in China einsetzt und die dortigen Verbrechen an Uiguren und Kasachen aufdeckt“.

Die Jury hofft, „dass die Öffentlichkeit, die der Preis mit sich bringt, Sayragul Sauytbay den nötigen Schutz bietet, ihre Arbeit in Sicherheit fortzusetzen“, heißt es in der Begründung. Die muslimische Kasachin Sayragul Sauytbay wurde am 16. September 1976 in der autonomen Präfektur Ili Kazakh in der chinesischen Provinz Xinjiang geboren. Xinjiang im Nordwesten Chinas, auch bekannt als Ostturkestan, ist die Heimat vieler Turkvölker, wie der Uiguren oder Kasachen. Sayragul Sauytbay studierte Medizin, arbeitete zunächst als Ärztin in einem Krankenhaus und wurde später vom chinesischen Regime als Leiterin mehrerer Vorschulen eingestellt. Als die chinesische Regierung hart gegen uigurische und kasachische Minderheiten vorgeht, wird sie 2017 als Ausbilderin in einem „Umerziehungslager“ zwangsrekrutiert und dort festgehalten.

Sie erlebte Folter und bekam während ihrer Inhaftierung Einblick in das Lagersystem. Sayragul Sauytbay wurde 2018 unerwartet freigelassen, sollte aber kurz darauf ins Lager zurückkehren – diesmal als Gefangene. Ihr gelang die Flucht nach Kasachstan. Auch dort drohte ihr die Auslieferung nach China wegen illegalen Grenzübertritts. Eine Medienkampagne ihres Mannes konnte die Abschiebung verhindern. Seit Juni 2019 wird ihr und ihrer Familie in Schweden Asyl gewährt. Dort ist mit der Autorin Alexandra Cavelius auf Basis mehrerer Interviews das Buch „Die Kronzeugin“ entstanden. „Die Welt muss wissen, was in den Lagern vor sich geht und was die Partei wirklich plant“, so Sauytbay.„Die Kasachin Sayragul Sauytbay ist eine sehr mutige und außergewöhnliche Menschenrechtsaktivistin. Sie steht in vielerlei Hinsicht exemplarisch für das Schicksal der uigurischen und kasachischen Volksgruppen in China. Als Whistleblower meldet sie sich öffentlich zu Wort. Sie berichtet über unfassbare Verbrechen, die täglich in den Umerziehungslagern Chinas in der Region Xinjiang an verschiedenen muslimischen Minderheiten begangen werden. Trotz permanenter Bedrohung und Einschüchterungsversuchen legt sie unerschrocken Zeugnis ab“, betont Oberbürgermeister Marcus König.

„Viele Regierungen weltweit sind sehr zurückhaltend mit ihrer Kritik der längst bekannten Zustände in Xinjiang. Umso bewundernswerter ist es, dass eine Frau wagt, in der chinesischen, von Männern dominierten Welt ihre Stimme zu erheben“, sagt Jurymitglied Iris Berben, Schauspielerin.

Menschen verschwinden in sogenannte Berufsbildungszentren. Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch schätzen, dass bis zu einer Million Musliminnen und Muslime in China gewaltsam in Lagern festgehalten werden. Von offizieller Seite wird dies als „Umerziehung“ bezeichnet. Die Bedingungen sind unmenschlich: Gehirnwäsche, Folter und Vergewaltigung, dazu die erzwungene Einnahme von Drogen und Medikamenten, die die Gefangenen apathisch machen und vergiften.

Auch Sayragul Sauytbay geriet in die chinesische Repressionsmaschinerie. Nachdem ihr Mann mit den beiden Kindern das Land verlassen hatte, wurde sie mehrfach verhört und schließlich in ein „Umerziehungslager“ geschickt, in dem sie ihren Mitgefangenen die chinesische Sprache, Kultur und Politik beibringen musste. Während ihrer Inhaftierung erhielt Sayragul Sauytbay Zugang zu geheimen Informationen, die Pekings langfristige Pläne zur Unterwanderung und Unterwerfung der westlichen Demokratien enthüllten.

Neben Oberbürgermeister Marcus König sind weitere prominente Mitglieder der international besetzten neunköpfigen Jury Prof. Dr. Jean Ahn, Iris Berben, Anne Brasseur, Prof. Dr. Hilal Elver, Noa Karavan- Cohen, Morten Kjærum, Kagwiria Mbogori und Gladys Acosta Vargas.Seit 1995 vergibt die Stadt Nürnberg alle zwei Jahre die Auszeichnung an Personen, die sich zum Teil unter erheblichen persönlichen Risiken für die Wahrung der Menschenrechte einsetzen. Der Preis ist laut Satzung ein Symbol dafür, dass von Nürnberg, der einstigen Stadt der nationalsozialistischen Reichsparteitage und der menschenverachtenden NS-Rassegesetze, „in Gegenwart und Zukunft nur noch Signale des Friedens und der Völkerverständigung ausgehen“. Die 14. Preisverleihung findet im Frühjahr 2022 traditionell im Nürnberger Opernhaus statt.

Infos: 
Stellungnahme der Sachverständigen Sayragul Sauytbay zur öffentlichen Anhörung „Lage der Menschenrechte in China“ am 18. November 2020
https://www.bundestag.de/resource/blob/807638/1add1edd74e0b4adaa177af86151f4f1/stellungnahme_sayragul_sauytbay-data.pdf

Oberbürgermeister Marcus König mit einem Bild der neuen Trägerin des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises: Sayragul Sauytbay. | Foto: Stadt Nürnberg
Porträt der Trägerin des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises 2021: Sayragul Sauytbay.  | Foto: US Gov – Secretary of State's photographer
Autor:

Nicole Fuchsbauer aus Nürnberg

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