40 der 131 Warenhäuser vor dem Aus
UPDATE: Wie geht es mit Galeria weiter?
UPDATE: 19. Januar 2023
Essen (dpa) - Der schwer angeschlagene Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof soll nach den Plänen des Generalbevollmächtigten Arndt Geiwitz in drei bis vier Jahren wieder schwarze Zahlen schreiben. Voraussetzung dafür seien aber harte Einschnitte im Filialnetz und eine spürbare Verringerung der Mitarbeiterzahl, sagte Geiwitz der «Wirtschaftswoche» und der «Lebensmittel-Zeitung». Genaue Zahlen zu den Filialschließungen und dem Stellenabbau nannte er nicht.
«Den größten Aderlass wird es in der Zentrale geben», sagte der Generalbevollmächtigte mit Blick auf den Personalabbau. Medienberichte, dass die Hälfte der 1200 Stellen dort gefährdet seien, stimmten aber nicht. Das sei «zu hoch gegriffen». In den Filialen, die der Konzern weiter betreiben wolle, werde man versuchen, so wenig Kündigungen wie möglich auszusprechen. «Wir haben jetzt schon zu wenig Fachkräfte.» Auch wo Galeria-Filialen schlössen, müssten die Mitarbeiter nicht unbedingt arbeitslos werden. «Wir verhandeln noch mit Interessenten, die die Filialen nutzen wollen. Ich hoffe, dass wir Beschäftigte in zur Schließung vorgesehenen Filialen bei dem jeweiligen Erwerber unterbringen.»
Wie viele Warenhäuser stehen vor dem Aus?
Mit Blick auf die geplanten Filialschließungen sagte Geiwitz: «Wir werden uns von Häusern trennen, die dauerhaft Verluste schreiben. Wie viele das sein werden, steht noch nicht fest.» Galeria-Chef Miguel Müllenbach hatte - als der Konzern im Oktober Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchte - angekündigt, dass das Filialnetz um mindestens ein Drittel schrumpfen müsse. Damit stünden mehr als 40 der 131 Warenhäuser vor dem Aus.
«Ich bin davon überzeugt, dass die Galeria-Warenhäuser eine Zukunft haben, wenn auch nicht in ihrer derzeitigen Form», sagte der Sanierungsexperte Geiwitz nun. Galeria werde hoffentlich «in drei Kalenderjahren» wieder Gewinn machen, sagte er der «Wirtschaftswoche». Vorher fielen wegen der Umstrukturierungskosten etwa für Umbauten sicher Verluste an. In der «Lebensmittel-Zeitung» sprach er von «drei bis vier Jahren». Galeria-Eigentümer Signa sei bereit, dafür die nötigen 200 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen, wenn der Insolvenzplan genehmigt werde.
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ESSEN/NÜRNBERG (dpa/nf) - Bei der vor großen Einschnitten in ihr Filialnetz stehenden Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof haben mittlerweile «mehrere Bieter» Interesse an der Übernahme von Geschäften geäußert. «Aufgrund der laufenden Gespräche mit Vermietern und möglichen Erwerbern steht zum jetzigen Zeitpunkt nicht fest, welche Filialen weiterbetrieben oder geschlossen werden», teilte Deutschlands letzte große Warenhauskette mit. Zu den Interessenten machte das Unternehmen keine Angaben.
Doch hat die Dortmunder Modehandelskette Aachener bereits berichtet, dass sie mit der Warenhauskette Gespräche über die Übernahme «einer größeren Zahl von Galeria-Standorten» führe. «Sollte es zu Übernahmen kommen, wird allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der betroffenen Filialen das Angebot gemacht, den Arbeitsplatz zu behalten», kündigte die Kette an. Zur Frage, welche Standorte für sie in Frage kommen, äußerte sich Aachener nicht.
Die Modekette Aachener gibt es erst seit Anfang 2022. Sie betreibt nach Angaben des Branchenfachblatts «Textilwirtschaft» bisher bundesweit sieben Standorte, darunter auch frühere Galeria-Filialen in Flensburg, Brühl und Göppingen. Die Kette will in Zukunft durch die Übernahme bestehender Textilhändler und -häuser wachsen. Bisher konzentriert sich Aachener auf die Bereiche Textilien, Accessoires und Schuh und bewegt sich dabei nach eigenen Angaben «im gehobenen Preissegment». Mit der Übernahme von Galeria-Standorten soll das Konzept aber um weitere Sortimentsbestandteile erweitert werden.
Unklarheit über Zahl der betroffenen Filialen
Galeria Karstadt Kaufhof hatte Ende Oktober vergangenen Jahres zum zweiten Mal innerhalb von weniger als drei Jahren Rettung in einem Schutzschirmverfahren gesucht. Galeria-Chef Miguel Müllenbach sagte damals, das zuletzt noch 131 Warenhäuser umfassende Filialnetz müsse im Zuge des Schutzschirmverfahrens «um mindestens ein Drittel reduziert werden». Damit stünden mindestens 40 Warenhäuser zur Disposition. Doch ist zu hören, dass es auch doppelt so viele Häuser treffen könnte. Galeria selbst betonte allerdings, dass die Zahl der Filialen, die im Fokus der Prüfung einer Schließung standen, zuletzt deutlich reduziert werden konnte - ohne allerdings weitere Details zu nennen.
Das Galeria-Management und der Gesamtbetriebsrat einigten sich nach Angaben der Warenhauskette mittlerweile in den Verhandlungen zu einem Interessenausgleich und Sozialplan auf erste Eckpunkte.
Große Sorgen in Nürnberg
Derweil ruft ver.di zur Unterstützung der Beschäftigten bei Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) auf, die sich im laufenden Insolvenzverfahren große Sorgen um ihre Zukunft machen. Per Unterschrift sollen möglichst viele Menschen ihre Solidarität mit ihnen dokumentieren, wie der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke und das ver.di-Vorstandsmitglied für den Handel, Stefanie Nutzenberger, in einem gemeinsamen Aufruf schreiben. Darin verweisen sie auch auf die eigentlichen Ursachen für das neuerliche Insolvenzverfahren bei GKK, fehlende Investitionen und Innovationen bei den noch 131 Warenhäusern der Kette. Die vom Management angedrohten Filialschließungen wären aus ver.di-Sicht eine Kapitulation, „deren Folgen einmal mehr die Beschäftigten bei Galeria ausbaden sollen“. Die aber hätten in der Vergangenheit immer wieder Einkommensverluste hingenommen, um das Unternehmen zu retten. Nun sei der GKK-Eigentümer gefragt, der österreichische Immobilieninvestor René Benko, die nötigen Investitionen zu tätigen.
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