Nürnbergs Kulturreferentin erklärt im MarktSpiegel-Interview ihre Ziele
Wie machen Sie Nürnberg zur Kulturhauptstadt Europas 2025, Frau Prof. Dr. Lehner?
NÜRNBERG (nf) - Wenn es um hochkarätige Kulturprojekte in Nürnberg geht, setzt sie die Impulse: Prof. Dr. Julia Lehner (promovierte zur Dr. phil. in den Fächern Geschichte und Kunstgeschichte) ist seit 2002 Kulturreferentin der Stadt Nürnberg – seit 2000 Honorarprofessorin der Akademie der Bildenden Künste. Zur Kommunalwahl 2020 am 15. März bewirbt sie sich neben Marcus König (Oberbürgermeisterkandidat der CSU) als Kulturbürgermeisterin – bereits seit 2013 gehört sie dem Parteivorstand der CSU an. Im Interview beantwortet die Kultur-Expertin Fragen zu lokalen Themen der Nürnberger Kulturpolitik, zur Kulturhauptstadt-Bewerbung 2025 und erzählt, wie wichtig ihr Festkultur und Brauchtumspflege für die Noris sind. Außerdem berichtet die Kulturreferentin über anstehende Großprojekte.
MarktSpiegel: Seit 2002 sind Sie amtierende Kulturreferentin und wurden 2019 in diesem Amt vom Stadtrat für sechs weitere Jahre bestätigt. Welche kulturpolitischen Themen werden Nürnberg in den kommenden Jahren prägen?
Prof. Dr. Julia Lehner: „Seit meinem Amtsantritt konnten wir Nürnbergs Kultur Rahmenbedingungen fortentwickeln und Strukturen festigen, die nötig waren, um den großen Einrichtungen und Häusern der Stadt sowie gleichzeitig den vielfältigen Akteuren der freien Szene vor Ort Entwicklungspotentiale zu ermöglichen. Beispielsweise konnten wir uns im Jahr 2005 mit dem Freistaat auf eine wegweisende Zusammenarbeit einigen und die Städtischen Bühnen zum Staatstheater befördern. Die Öffnung des Z-Baus zu einem vitalen Platz der Kultur war ein weiterer großer Erfolg, so bedeutsam wie etwa die Groß-Projekte südpunkt und Kulturwerkstatt „Auf AEG“, die für eine lebendige Stadtteil-Kultur stehen. In den nächsten Jahren kommen weitere große Herausforderungen auf uns zu. Wir möchten weiter nachhaltig Spuren legen, etwa mit dem Bau der Konzerthalle am Luitpoldhain, wir müssen vorbereitet sein auf die früher oder später anstehenden Maßnahmen am Opernhaus und Richard-Wagner-Platz. Letzteres ist eine Aufgabe, die sich genauso auf die gesamte Stadt auswirken wird wie unser großes Ziel, in Nürnberg 2025 ein Kulturhauptstadtjahr feiern zu dürfen.“
MarktSpiegel: Sie haben es angesprochen: Nürnberg will Kulturhauptstadt 2025 werden. Wie möchten Sie die Wettbewerbsjury davon überzeugen, dass Nürnberg diesen Titel zugesprochen bekommt?
Prof. Dr. Julia Lehner: „Past Forward“, das Motto der Bewerbung, und drei große Themenlinien geben die Richtung vor: Nürnberg will mit dem Wissen um und die Verantwortung für die eigene Vergangenheit die Zukunft der Stadt gestalten. Miteinander, Weltgestaltung und Menschlichkeit sind dabei unsere Themen, die Ausdruck bekommen in großen Strukturprojekten. Wir wollen unsere Kulturladenlandschaft, auf die wir stolz sein dürfen, zukunftsfähig weiterentwickeln. Wir wollen mit dem Haus des Spielens an die Tradition als Spielzeugstadt anknüpfen und ein Zentrum für digitale wie analoge Zusammenarbeit und Entwicklung etablieren. Wir wollen das ehemalige Reichsparteitagsgelände zu einem Lernort entwickeln und in dem bisherigen Torso der Kongresshalle einen Ort der Kultur und Kreativität schaffen.“
MarktSpiegel: Bis ins Finale des Wettbewerbs hat es Nürnberg schon geschafft.
Prof. Dr. Julia Lehner: „Ja, und uns wurden von der Jury auch noch Hausaufgaben mitgegeben, wo wir nachjustieren müssen. Mit Ende Juni 2020 muss Nürnberg ein zweites Bewerbungsbuch abgegeben haben. Im September kommt die Jury zu uns zu Besuch, kurz darauf muss sich unsere Bewerbung in Berlin vor der Jury präsentieren. Und Ende September fällt dann die Entscheidung, ob Nürnberg Kulturhauptstadt 2025 wird. Vor uns liegen die entscheidenden Monate.“
MarktSpiegel: Was bedeutet die Kulturhauptstadtbewerbung eigentlich für die Stadt Nürnberg und werden alle Bürgerinnen und Bürger davon profitieren?
Prof. Dr. Julia Lehner: „Allein von der Bewerbung profitiert Nürnberg ungemein. Mit einer bindenden Kulturstrategie haben wir einen Handlungsrahmen abgesteckt, der für die Nachhaltigkeit aller Vorhaben bürgt. Über allem aber steht, dass wir Kulturhauptstadt als Produkt aller hier lebenden Menschen verstehen. Alle Nürnbergerinnen und Nürnberger sollen sich nach Möglichkeit aktiv an dem Prozess beteiligen können und die Gelegenheit nutzen, ihre Stadt mitzugestalten. Denn Kulturhauptstadt bedeutet nicht nur ein Jahr lang „Feier frei“ für wenige. Es ist ein ganzheitliches Projekt der Stadtentwicklung und betrifft uns alle gleichermaßen.“
MarktSpiegel: Welchen Stellenwert nehmen Festkultur und Brauchtumspflege in Nürnbergs Kultur-Landschaft ein?
Prof. Dr. Julia Lehner: „Nürnbergs vielfältige Brauchtumspflege ist doch das Fundament für das kulturelle Engagement sehr vieler Bürgerinnen und Bürger. Auf unsere Kirchweihen etwa wurde im ersten Bewerbungsbuch zur Kulturhauptstadt mehrfach hingewiesen. Ich denke, dass unsere Traditionen und Feste großen Wert besitzen für die Identität der Stadt. Dieses Kulturgut müssen wir pflegen und entsprechend wertschätzen.“
MarktSpiegel: Sie stehen für einen einigenden Kulturbegriff und propagieren diesen unter dem Leitmotiv „Kultur schafft Miteinander“. Was dürfen wir darunter genau verstehen?
Prof. Dr. Julia Lehner: „In einer Gesellschaft, die sich immer differenzierter und diverser darstellt, ist es eminent wichtig, Orte und Räume vorzuhalten, an denen Kultur sich entwickeln kann und Gemeinschaft gestiftet wird. Denn Kultur in allen Facetten ist der Kitt, der Menschen und Generationen zusammenhält. In diesem Sinne entwickeln wir gerade unsere Stadtbibliothek weiter. Richtungsweisend ist dies auch für alle anderen Einrichtungen, wie etwa den Museen der Stadt Nürnberg.“
MarktSpiegel: Welche Impulse will eine Kulturbürgermeisterin Julia Lehner im Nürnberg der kommenden Legislaturperiode setzen?
Prof. Dr. Julia Lehner: „Die anstehenden Großprojekte müssen so transparent und bürgernah wie möglich aufgesetzt werden. Und eine Stadt wie Nürnberg braucht Raum auch für Kunst, Kreative und Kultur. Diese Räume zu entwickeln, und zwar für alle Anspruchsgruppen gleichermaßen, empfinde ich als einen wichtigen Auftrag.“
Ehrenamtliches Engagement von Prof. Dr. Juli Lehner
• seit 1988: Mitglied im Vorstand des Vereins „Hilfe für Krebskranke e.V.“
• 1992-2002: Vorsitzendes des „Förderkreises Bildende Kunst“
• seit 2002: Mitglied im Beirat der Stiftung „Mut zum Leben“
• seit 2002: Mitglied im Vorstand des „Instituts für moderne Kunst Nürnberg“
• seit 2002: Mitglied im Vorstand des Bayerischen Hochschulverbandes
• seit 2003: Mitglied im Vorstand der „Stiftung zur Erhaltung der Lorenzkirchen e.V.“
• seit 2004: Mitglied im Landesdenkmalrat und Regionalausschuss Franken
• seit 2008: Mitglied im Landesbeirat für Erwachsenenbildung als Vertreterin des Bayerischen Städtetags
• seit 2008: Beirätin im Vorstand von STADTKULTUR Netzwerk Bayerischer Städte e.V.
• seit 2008: Vorsitzende des Fachausschusses „Kultur, Denkmalschutz und Bürgergesellschaft“ der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands KPV
• 2008-2017: Stv. Vorsitzende des Kulturausschusses des Bayerischen Städtetags
• seit 2017: Vorsitzende des Kulturausschusses des Bayerischen Städtetags
• seit 2010: Mitglied im Kuratorium für Schultheater und performative Bildung
• seit 2011: Mitglied im Kuratorium der Hochschule für Musik Nürnberg
• seit 2012: Vorsitzende der Jury für den Kunstpreis der „Nürnberger Nachrichten“
• seit 2010: Mitglied im Vorstand der „Atelier- und Galeriehaus Marianne und Hans Friedrich Defet Stiftung“
• seit 2012: Mitglied im Kuratorium der Stiftung Bayerischer Gedenkstätten
• seit 2015: Mitglied im Bundesvorstand der Kulturpolitischen Gesellschaft KUPOGE
• seit 2016: Mitglied der Kuratoriumsversammlung am Münchener Kompetenzzentrum Ethik (MKE) der Münchener Ludwig-Maximilian-Universität (LMU)
• seit 2016: Mitglied im Kuratorium der CSR-Initiative NÜRNBERG GEWINNT des 1. FCN
• seit 2016: Prof. Dr. Lehner ist Mitglied im CDU-Netzwerk „Kultur“
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