Wer bekommt die Schutzimpfung zuerst?
Bayern beschließt Corona-Impfkonzept

Ministerpräsident Dr. Markus Söder. | Foto:  Peter Kneffel/dpa POOL/dpa
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MÜNCHEN (nf/pm/dpa) - Die Staatsregierung hat zugesichert, Schulen und Kitas auch bei steigenden Corona-Zahlen so lange wie möglich offen zu halten. Diese sollten offen bleiben, ,,so lange es nur irgendwie geht", betonte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Dienstag nach einer Kabinettssitzung in München. Sollten Einschränkungen nötig werden, sollten insbesondere Schulen als letzte schließen und nach einem möglichen Lockdown auch als erste wieder aufmachen, betonte er.

Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) sagte, auch der Wechsel von Präsenz- auf Wechselunterricht bei einem Wert von 50 neuen Corona-Infektionen je 100.000 Einwohner in sieben Tagen sei kein Automatismus. ,,Es sind jeweils Entscheidungen vor Ort, die sich nach den Bedingungen des Landkreises auch ausrichten." Desweiteren waren Maßnahmen zur Corona-Pandemie, Impfstrategie, Hilfen für Kunst und Kultur und Leistungsrämien an Schulen Thema der Kabinettssitzung am 27. Oktober 2020. 

Die Ergebnisse der Kabinettssitzung im Überblick: 

1. Bayern beschließt Corona-Impfkonzept / Priorisierung der Impfmöglichkeit in der Anfangsphase / Aufbau von Impfzentren in ganz Bayern und mobile Impfteams geplant / Detailliertes Logistikkonzept für Lagerung und Transport des Impfstoffs / Aufbau eines Impfquoten-Monitorings
Die Bayerische Staatsregierung bereitet sich intensiv auf den Zeitpunkt vor, ab dem Schutzimpfungen gegen das Corona-Virus möglich sein werden. Der Ministerrat hat dafür frühzeitig ein entsprechendes Bayerisches Impfkonzept beschlossen.

Zu den Inhalten des Konzepts gehören die Verteilung des Impfstoffs und die Logistik für das Impfen. Das Konzept legt zudem fest, welche Personengruppen sich vorrangig impfen lassen können. Hintergrund ist, dass der Impfstoff voraussichtlich nicht sofort flächendeckend für die gesamte Bevölkerung zur Verfügung stehen wird. Deshalb ist eine Priorisierung des Angebots in der Anfangsphase notwendig.

Vorgesehen ist auf freiwilliger Basis zunächst eine Impfung für:

• Besonders vulnerable Gruppen wie Menschen hohen Alters, Menschen mit chronischen Erkrankungen, Bewohner von Alten- und Pflegeheimen sowie Betreute und Bewohner in stationären und teilstationären Einrichtungen für Menschen mit Behinderung;
• Menschen mit einem erhöhten Infektionsrisiko etwa aufgrund ihres Berufs (insbesondere medizinisches und pflegerisches Personal);
• Berufsgruppen aus sensiblen Bereichen der kritischen Infrastruktur wie Polizei, Feuerwehr und Gesundheitswesen;
• Menschen mit einem erhöhten Infektionsrisiko aufgrund äußerer Umstände wie zum Beispiel beengte Wohnverhältnisse.

Für die gezielte Impfung in der Anfangsphase plant die Bayerische Staatsregierung Impfzentren analog zu den lokalen Testzentren. Aufbau und Betrieb wird durch die Kreisverwaltungsbehörden erfolgen. Zusätzlich sind in allen Landkreisen und kreisfreien Städten mehrere mobile Impfteams geplant, die zum Beispiel in Alten- und Pflegeheimen und bei eingeschränkt mobilen vulnerablen Gruppen zum Einsatz kommen sollen. Nach einer ersten Abfrage der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) haben sich bislang bereits 1.851 Vertragsärztinnen und -ärzte bereiterklärt, sich bei der Durchführung von Impfungen in Impfzentren und mobilen Impfteams zu beteiligen. Geplant ist überdies ein bundes- und gegebenenfalls bayernweites Impfquoten-Monitoring.

Die EU beziehungsweise Bundesregierung beschafft den Impfstoff. Da es mehrere vielversprechende Impfstoffkandidaten mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften gibt, ist ein detailliertes Logistik-Konzept für Lagerung und Transport erforderlich. Unter anderem gilt es etwa, Lagertemperaturen bei minus 70 Grad Celsius zu ermöglichen und entsprechende Ultratiefkühlschränke zu beschaffen.

Für die Umsetzung des Impfkonzepts stellt die Staatsregierung für Sofortmaßnahmen zunächst rund 100 Mio. Euro zur Verfügung.

2. Bayern ist Kulturstaat / Lebendige Kulturlandschaft erhalten: Freistaat unterstützt Kunst- und Kulturschaffende

Kultur ist in Bayern nicht nur ein Wirtschaftszweig: Bayern ist ein Kulturstaat. Künstlerinnen und Künstler schenken in diesen Zeiten Hoffnung und Freude. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie, insbesondere die fehlenden Veranstaltungen, haben die Kunst- und Kulturschaffenden in ganz Bayern schwer getroffen. Die Bayerische Staatsregierung wird deshalb weitere Unterstützungsmaßnahmen in Form eines Kulturstabilisierungsprogramms 2020/21 zur Verfügung stellen, um die lebendige Kulturlandschaft in Bayern zu erhalten. Das Programm besteht aus diesen Komponenten:

• Solo-Selbständigen-Programm für Künstlerinnen und Künstler zum Ersatz des Unternehmerlohns
Der Freistaat wird Soloselbstständige im Kunst- und Kulturbereich bis Ende des Jahres mit einem neuen Programm unterstützen – schon im Vorgriff auf einen in der Diskussion stehenden Ersatz des sogenannten Unternehmerlohns bei der neuen Überbrückungshilfe des Bundes. Die Empfänger erhalten für den Zeitraum ab Oktober 2020 eine Finanzhilfe als Ersatz des entfallenden Unternehmerlohns von bis zu 1.180 Euro monatlich, die mit der derzeitigen, bis Ende des Jahres laufenden Überbrückungshilfe des Bundes kumulierbar ist. Das Solo-Selbständigen-Programm umfasst ein Gesamtvolumen von 37,5 Mio. Euro für das Jahr 2020.

• Einführung eines Stipendienprogramms zur Unterstützung von Künstlerinnen und Künstlern beim Einstieg in die professionelle Laufbahn
Um Künstlerinnen und Künstler in der Anfangsphase ihrer professionellen Laufbahn trotz der derzeit widrigen Bedingungen den notwendigen Freiraum zur Realisierung von Projekten, aber auch für ihre künstlerische Entfaltung und Weiterentwicklung zu verschaffen, bietet die Staatsregierung ab dem 1. Januar 2021 5.000 Stipendien in Höhe von jeweils 5.000 Euro an. Das Stipendienprogramm, das in Abstimmung mit der freien Szene und den Verbänden konkretisiert wird, ist mit anderen Hilfsprogrammen kumulierbar und umfasst ein Gesamtvolumen von 25 Mio. Euro.

• Erweiterung des Spielstättenprogramms auf dezentrale Kulturveranstalter ohne eigene Spielstätte und Verlängerung des Programms
Das Spielstättenprogramm wird bis vorerst 30. Juni 2021 verlängert und dahingehend erweitert, dass auch Kulturveranstalter ohne eigene Spielstätte in den Kreis der Antragsberechtigten aufgenommen werden. In die Verlängerung und Erweiterung des Spielstättenprogramms investiert der Freistaat zusätzlich 15 Mio. Euro.

• Verlängerung des Hilfsprogramms für die Laienmusik
Das Hilfsprogramm für die Laienmusik wird bis 30. Juni 2021 verlängert, um Laienmusikvereine und ihre zahlreichen ehrenamtlichen Musiker und Helfer in der schwierigen Zeit der Corona-Epidemie weiterhin zu unterstützen. Im Rahmen des Hilfsprogramms können beispielsweise auch Maßnahmen zur Umsetzung von Schutz- und Hygienekonzepten angesetzt werden.

• Aufstockung und Verlängerung der Kino-Anlaufhilfen
Die Kinos in Bayern leiden wegen der Corona-Krise unter massiven Umsatz- und Ertragsverlusten. Derzeit werden sie mit den vom Ministerrat im Mai 2020 beschlossenen Anlaufhilfen in Höhe von zwölf Mio. Euro unterstützt. Diese Hilfen werden gut angenommen. Mehr als acht Mio. Euro wurden bereits bewilligt. Um das Überleben vieler bayerischer Kinos zu sichern, wird die bisher bis Jahresende befristete bayerischen Kino-Anlaufhilfe jetzt bis 30. Juni 2021 verlängert und um weitere zwölf Mio. Euro aufgestockt.

Dem Kulturstaat Bayern sind die Kunst- und Kulturschaffenden wichtig. Mit den Unterstützungsmaßnahmen im Kulturbereich bietet der Freistaat echte Perspektiven und drückt seine Wertschätzung gegenüber den Künstlerinnen und Künstlern aus.

Wertschätzung
Die Bayerische Staatsregierung ermöglicht die Auszahlung von Leistungsprämien für staatliche Schulleiterinnen und Schulleiter sowie für staatliche Lehrkräfte, die sich durch besondere Leistungen insbesondere bei der Digitalisierung des Unterrichts ausgezeichnet haben. Die Prämien sind Ausdruck der Wertschätzung für die Anstrengungen der Schulen im vergangenen halben Jahr.

Die Corona-Pandemie stellt die Schulleitungen und Lehrkräfte an bayerischen Schulen seit März vor zuvor nicht gekannte pädagogische und organisatorische Herausforderungen. Die Schulen begegnen den infektionsbedingt oft kurzfristig wechselnden Situationen mit herausragendem Engagement und stellen so den Betrieb unter Pandemiebedingungen sicher.

Die Leistungsprämie soll jeweils 500 Euro betragen und aus dem Sonderfonds Corona noch im Jahre 2020 steuerfrei ausgezahlt werden.

4. Bayern für Konkretisierung der bundesgesetzlichen Rechtsgrundlagen im Kampf gegen die Corona-Pandemie / Ministerrat beschließt Bundesrats-Initiative zur Änderung des Bundes-Infektionsschutzgesetzes / Inhalt und Grenzen möglicher grundrechtsbeschränkender Schutzmaßnahmen der Länder sollen klar abgebildet werden

Die Bayerische Staatsregierung setzt sich für eine Konkretisierung der bundesgesetzlichen Rechtsgrundlagen für die Schutzmaßnahmen der Länder im Kampf gegen die Corona-Pandemie ein. Der Ministerrat beschloss eine entsprechende Bundesrats-Initiative zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes des Bundes. Das erneute erhebliche Ansteigen der Zahl der Neuinfektionen lässt erwarten, dass die Corona-Pandemie zu einem längeren Infektionsgeschehen wird. Die bislang bestehenden Ermächtigungsnormen für die Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen der Bundesländer haben jedoch lediglich Generalklauselcharakter und umschreiben das Ausmaß der Ermächtigung nur sehr unscharf. Um Inhalt und Grenzen möglicher grundrechtsbeschränkender Schutzmaßnahmen der Länder genauer zu umreißen, sollen deshalb die bestehenden Befugnisnormen zur Bewältigung der Pandemie im Bundes-Infektionsschutzgesetz ergänzt und präzisiert werden.

Auf diese Weise sollen eine Standardisierung der Maßnahmen und eine möglichst einheitliche Handhabung im Bundesgebiet sichergestellt werden, ohne jedoch in begründeten Fällen regionale oder lokale Einzelfallregelungen auszuschließen. Derzeit ermächtigt das Infektionsschutzgesetz die zuständigen Behörden zwar zum Ergreifen der „notwendigen“ Schutzmaßnahmen, führt aber nur einige wenige explizite Beispiele auf. Ergänzt werden soll nun nach dem Willen Bayerns ein Maßnahmenkatalog zur Bewältigung der Corona-Pandemie.

Er umfasst insbesondere die folgenden Punkte:

• Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen im privaten sowie im öffentlichen Raum;
• Schließung von Einrichtungen und Betrieben;
• Untersagung beziehungsweise Auflagen für das Abhalten von Veranstaltungen und Versammlungen;
• Anordnung eines Abstandsgebots im öffentlichen Raum;
• Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (Maskenpflicht) in bestimmten Bereichen des öffentlichen Lebens;
• Verbot der Alkoholabgabe und des Alkoholkonsums auf bestimmten öffentlichen Plätzen oder zu bestimmten Zeiten;
• Untersagung des Betriebs von gastronomischen Einrichtungen zu bestimmten Zeiten (Sperrstunde);
• Erhebung, Speicherung und Schutz der Kontaktdaten von Kunden, Gästen oder Veranstaltungsteilnehmern, um nach Auftreten eines Infektionsfalls mögliche Infektionsketten nachverfolgen und unterbrechen zu können.

Damit sollen die Maßnahmen der Länder zur Eindämmung der Pandemie, die sich bewährt haben und deren Rechtmäßigkeit durch die Gerichte vielfach bestätigt wurde, nunmehr auch im Wortlaut des Infektionsschutzgesetzes ausdrücklich verankert werden und die bisherige Generalklausel entsprechend ergänzt werden. Die Entschließung zur Änderung des Bundes-Infektionsschutzgesetzes soll zeitnah in den Bundesrat eingebracht werden.

Autor:

Nicole Fuchsbauer aus Nürnberg

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