Nicht immer ist alles rosarot: So reklamiere ich Urlaubsmängel richtig

Hoffentlich geht alles gut und die Freude bei der Reisebuchung bleibt auch am Urlaubsort erhalten. | Foto: © Kzenon/Fotolia.com
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REGION (pm/vs) - Egal, ob Individual- oder Pauschalreise: Wenn Mängel auftreten, sind schnell die „schönsten Tage im Jahr“ verdorben und die lang ersehnten Urlaubstage entpuppen sich als Reinfall. In solchen Fällen ist rechtzeitiges und richtiges Reklamieren wichtig, um so wenigstens einen Teil der Kosten erstattet oder sogar den ganzen Schaden ersetzt zu bekommen.

Doch was genau ist ein Reisemangel? Wer im sich im Internet beispielsweise Hotelbewertungen ansieht, dem fällt auf: Was der eine Urlauber als Bagatelle sieht, ist für einen anderen bereits Grund genug, die Einrichtung mit nur einem Stern abzustrafen.
Bei Mängeln am Urlaubsort, muss man entscheiden, ob es sich um eine Pauschalreise oder eine Individualreise handelt. Eine Pauschalreise beinhaltet einen Reisevertrag mit mindestens zwei verschiedenen Leistungen. Diese sind in der Regel, die Beförderung zum Urlaubsort (etwa via Bus, Bahn oder Flug) sowie die dortige Unterbringung (etwa Hotel, Ferienwohnung oder Schiff). Dazu können noch weitere touristische Dienstleistungen kommen, wie beispielsweise Stadtführungen, andere Ausflugspakete oder die Teilnahme an Opern- und Theateraufführungen. Im Falle einer Pauschalreise greifen die Bestimmungen des Reisevertragsrechts, die im Bürgerlichen Gesetzbuch ab § 651a, Absatz 1 nachzulesen sind.
Nehmen wir an: Sie haben eine Pauschalreise gebucht, etwa eine 14-tätige Kulturreise per Bus nach Italien mit Besichtigungsprogramm. Egal, ob es Probleme mit der Unterkunft gibt (etwa Baulärm in der Nacht oder statt des gebuchten Einbettzimmers nur Mehrbettzimmer) oder der Verpflegung (etwa nur Frühstück statt gebuchter Vollpension) oder mit der Reiseorganisation (etwa fehlende deutschsprachige Reiseleitung, ausgefallene Stadtbesichtigung wegen eines technischen Defektes am Reisebus): die Mängel müssen vor Ort sofort - am besten schriftlich und falls möglich mit Fotos - beim Reiseleiter reklamiert werden, damit er die Möglichkeit hat, den Mangel abzustellen oder für Ersatz zu sorgen.
Es gibt jedoch auch zahlreiche Reklamationen, die von vorne herein aussichtslos sind. Wer etwa Urlaub auf dem Lande bucht, darf sich nicht am Läuten von Kirchenglocken in der Frühe oder an Tierlauten vom nahegelegenen Bauernhof stören. Wer in einem großstädtischen Vergnügungsviertel ein Hotelzimmer bezieht, darf sicher sein, dass in den Discotheken in unmittelbarer Nähe lautstark gefeiert wird. Beschwerden über Regenwetter statt Sonnenschein im eigentlich warmen Süden sind genauso zweckfrei, wie das Einfordern von Leistungen, die im Urlaubskatalog gar nicht oder nur unter Vorbehalt vorgesehen sind.
Kommt ein Urlauber im Rahmen einer Pauschalreise mit seiner Reklamation beim Reiseveranstalter vor Ort nicht weiter, hat er die Möglichkeit, nach Beendigung der Reise innerhalb eines Monats einen Teil des Reisepreises einzufordern.

Frankfurter Tabelle

Angenommen, ein Mangel ist berechtigt. Wer entscheidet dann über die Höhe des erstattungsfähigen Betrages? Eine erste Orientierung bietet die sogenannte „Frankfurter Tabelle“. Sie wird erstellt und aktualisiert von den Instanzgerichten im Bezirk des OLG Frankfurt am Main. Hier sind die wichtigsten Urlaubsmängel aufgelistet. Außerdem werden die im Rahmen der ständigen Rechtssprechung üblicherweise zugestandenen Regelbeträge angegeben. Ein Beispiel: Weist das gebuchte Zimmer im Hotel einen Ungezieferbefall aus, so steht dem betroffenen Urlauber eine Minderung des Reisepreises von 10 bis 50 Prozent zu. Zu beachten ist allerdings, dass die Frankfurter Tabelle nicht rechtsverbindlich ist.
Stößt eine Reisereklamation beim Veranstalter auf taube Ohren, so sollte man fachkundigen Rat einholen. Dafür zuständig sind unter anderem die Verbraucherzentalen sowie auf das Reiserecht spezialisierte Anwälte.

REGION - Wie verhalte ich mich richtig, wenn ich in Eigenregie ein Hotel gebucht habe und dort Mängel geltend machen möchte? Der MarktSpiegel hat mit Eva Schönmetzler, Referentin Markt und Recht, bei der Verbraucherzentrale Bayern nachgefragt.

MSP: Wo liegt der Unterschied, zu einer Buchung im Rahmen einer Pauschalreise?
Eva Schönmetzler: Festzustellen ist zunächst, dass separat gebuchte Unterkünfte rechtlich strikt von Unterkünften abzugrenzen sind, die als Teil einer Pauschalreise gebucht wurden. Bucht der Verbraucher sein Zimmer direkt beim Hotel, handelt es sich um einen sogenannten Gastaufnahme-/ Beherbungsvertrag. Das ist ein gemischter Vertrag mit Elementen des Mietrechts, aber auch des Kauf-, Dienst- und Werkvertrags- und Verwahrungsrechts.Ist die Unterkunft mangelhaft, erfolgt die Reklamation und Haftung nach den Vorschriften des Mietrechts, genauer gesagt nach den §§ 536 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

MSP: Wann genau liegt ein Mangel vor?

Eva Schönmetzler: Die Unterkunft ist mangelbehaftet, wenn der tatsächliche Zustand des Zimmers vom vertraglich vereinbarten abweicht oder vertraglich zugesicherte Eigenschaften fehlen. Durch den Mangel muss die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufgehoben oder erheblich gemindert werden. Eine nur unerhebliche Minderung bleibt außer Betracht und ist als bloße Unannehmlichkeit hinzunehmen. Fehlen hingegen vertraglich zugesicherte Eigenschaften, kann auch bei einer unerheblichen Beeinträchtigung gemindert werden.Entsteht dem Gast wegen der Mängel ein Schaden, der über die bloße Einschränkung der Zimmernutzung hinausgeht, kann er neben der Preisminderung auch Schadensersatz nach § 536a BGB verlangen.

MSP: Wie reklamiere ich richtig?

Der Gast muss den Mangel beim Gastwirt/ Hotelier unverzüglich anzeigen. Unverzüglich bedeutet, dass er „ohne schuldhaftes Zögern“ nach einer angemessenen Prüfungs- und Überlegungsfrist den Mangeln anzeigen muss. Die Pflicht zur Mängelanzeige entfällt allerdings, wenn der Wirt den Mangel kennt oder fahrlässig nicht kennt. Grundsätzlich gibt es für die Mängelanzeige keinen Formzwang. Die Anzeige ist also formlos möglich und kann mündlich oder schriftlich erfolgen. Im Streitfall muss der Gast allerdings nachweisen können, dass er den Mangel rechtzeitig angezeigt hat. Zu Nachweiszwecken ist es daher empfehlenswert schriftlich zu reklamieren oder zumindest unter Anwesenheit eines Zeugen den Mangel anzuzeigen.

NÜRNBERG - Auf Anfrage haben Juristen der Internetplattform anwalt.de mit Sitz in Nürnberg für den MarktSpiegel drei interessante Urteile zusammengefasst

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Reiseleitung haftet für falsche Information

Sandra Voigt (Assessorin Redakteurin – Juristische Redaktion anwalt.de services AG):
Ein Reiseveranstalter muss sich das Fehlverhalten von Personen, denen er gewisse Aufgaben – etwa die Betreuung der Urlauber vor Ort – übertragen hat, als eigenes Verschulden zurechnen lassen. So muss er beispielsweise die Kosten der Rückreise tragen, wenn ein von ihm eingesetzter Reiseleiter dem Urlauber eine Falschauskunft gibt und dieser deswegen den Rückflug in sein Heimatland verpasst (LG Frankfurt am Main, Urteil v. 06.06.2014, Az.: 2-24 O 125/13).

Entschädigung fürs fehlende Planschbecken

Christian Günther, Assessor/Redakteur Juristische Redaktion anwalt.de): Wird eine Pauschalreise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt, winkt Entschädigung für entgangene Urlaubsfreuden. Nur das Reiserecht kennt damit so etwas wie Schadensersatz für verlorene Freizeit. In der Regel gibt es zwischen 25 bis 75 Euro pro vertanen Urlaubstag unabhängig von einem Einkommen. Auch Kinder haben daher Chancen. So erhielt ein Fünfjähriger eine Entschädigung, weil das Planschbecken entgegen der Hotelbeschreibung im Urlaub vor Ort fehlte (LG Frankfurt/Main, Urteil v. 06.01.2011, Az.: 2-24 S 61/10).

Im Urlaub vom Stuhl gestürzt: Wer haftet?

Sandra Voigt (Assessorin Redakteurin – Juristische Redaktion anwalt.de services AG): Ein Reiseveranstalter muss die unter Vertrag genommenen Hotels regelmäßig kontrollieren, ob diese über einen ausreichenden Sicherheitsstandard verfügen. Sonst muss er Schadenersatz leisten, wenn ein Urlauber, der seine Reise bei ihm gebucht hat, daraufhin verunglückt. Das ist etwa der Fall, wenn ein Urlauber vom Stuhl stürzt und sich verletzt, weil dieser von Hotelangestellten an einer unsicheren Fläche aufgestellt wurde (AG Hannover, Urteil v. 08.08.2014, Az.: 506 C 6988/13).

Autor:

Redaktion MarktSpiegel aus Nürnberg

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