1901 Nobelpreis für deutschen Forscher
Seltene Diphtherie - Kind stirbt nach monatelangem Kampf

Der Bakteriologe Emil von Behring (undatierte Aufnahme) erhielt 1901 für seine Arbeit über Diphtherie den ersten Nobelpreis für Medizin. | Foto: picture-alliance / dpa
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  • Der Bakteriologe Emil von Behring (undatierte Aufnahme) erhielt 1901 für seine Arbeit über Diphtherie den ersten Nobelpreis für Medizin.
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  • Als «Würgeengel der Kinder» wurde die Erkrankung bekannt, mittlerweile sind Diphtherie-Todesfälle in Deutschland sehr selten. 
  • Ein Zehnjähriger erkrankte daran und starb nun. 

Berlin (dpa) - Monatelang lag der zehnjährige Junge im Krankenhaus mit Diphtherie - einer gefährlichen Krankheit, die früher auch als «Würgeengel der Kinder» bezeichnet wurde. In Deutschland kommt Diphtherie mittlerweile dank der Impfung nur noch selten vor. Nun ist das ungeimpfte Kind aus Brandenburg, das in Berlin zur Schule ging, gestorben. 

Wegen einer akuten Entzündung der Rachenmandeln war der Schüler im September in die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin in Potsdam gekommen. Später wurde Rachendiphtherie diagnostiziert, ausgelöst durch Bakterien. Aufgrund des Gesundheitszustandes wurde das Kind in die Charité nach Berlin verlegt und dort invasiv beatmet. Das Brandenburger Gesundheitsministerium rief damals zur Schutzimpfung auf, um zu verhindern, dass sich die Diphtherie verbreitet.

Schule äußert sich nicht öffentlich

Der Junge ging in die Waldorf-Schule Havelhöhe in Berlin. Die Schule äußerte sich zunächst nicht öffentlich zum Tod des Schülers. Es handele sich um eine persönliche Angelegenheit der Familie, hieß es.

Dem «Tagesspiegel» zufolge wurde von der Schule am Dienstagabend ein Brief an alle Eltern verschickt, in dem sie über den Tod des erkrankten Jungen informierte. «Sein Weg zuletzt war geprägt von Stärke und Tapferkeit, und er hinterlässt in unserer Gemeinschaft eine Lücke, die uns alle berührt», heißt es in der Zeitung unter Berufung auf den Brief der Schule. Nach Informationen der Zeitung soll es eine Trauerfeier geben.

Gesundheitsministeriums nicht geimpft. Symptome einer Rachendiphtherie umfassen laut Robert Koch-Institut (RKI) unter anderem Halsschmerzen, Fieber, pfeifende Geräusche beim Einatmen, Schwellungen der Halslymphknoten. Später kann eine Mandelentzündung auftreten. Das Ministerium und der Landkreis äußerten sich mit Verweis auf Privatsphäre und Datenschutz nicht zu dem Jungen. Die Charité verwies auf die Schweigepflicht.

Der Bund der Freien Waldorfschulen gibt auf seiner Website keine Impfempfehlungen, sondern verweist Eltern auf die Beratung durch ihren Kinderarzt oder Kinderärztin. Als die Krankheit des Jungen im Oktober bekannt wurde, wies die Waldorf-Schule darauf hin, dass es dort keine höhere Diphtherie-Gefahr als an anderen Schulen gebe.

Diphtherie-Todesfälle in Deutschland sehr selten

Die Wahrscheinlichkeit für Diphtherie-Erkrankte, an der Krankheit zu sterben, liegt nach Angaben des RKI bei fünf bis zehn Prozent, deutlich höher liegt sie bei Kindern unter 5 und bei Erwachsenen über 40 Jahren.

«Diphtherie-Todesfälle sind in Deutschland sehr selten», teilte das RKI mit. 2025 sei dem RKI ein Todesfall aufgrund einer respiratorischen Diphtherie mit dem Erreger Corynebacterium diphtheriae bei einer erwachsenen Person übermittelt worden, hieß es. Die Person sei bereits Ende 2024 gestorben. Ein weiterer Todesfall durch eine respiratorische Diphtherie sei 2024 übermittelt worden, für 2023 sei es einer durch Hautdiphtherie gewesen. Für 2022 wird ein Diphtherie-Todesfall im Infektionsepidemiologischen Jahrbuch aufgeführt. «Dabei handelt es sich um eine 80-jährige Frau mit Hautdiphtherie.» Vor 2022 wurde jahrelang kein Diphtherie-Todesfall bekannt.

Eine Impfpflicht gibt es für Diphtherie nicht. «Die Durchimpfungsrate ist sehr gut», sagte Tobias Tenenbaum, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie bereits vor einiger Zeit der dpa. Deswegen sei die Gefahr, dass es nach einem Fall einen Ausbruch gebe, in Deutschland nicht so hoch. Für Berlin verzeichnete das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) 2024 vier Erkrankungsfälle. In Brandenburg waren es im vergangenen Jahr laut Gesundheitsministerium fünf übermittelte Diphtherie-Fälle, in diesem Jahr gibt es bisher keinen Fall in Brandenburg.

Ein Junge, der an Diphtherie erkrankt und nicht geimpft war, ist in Berlin gestorben (Illustration). | Foto: Annette Riedl/dpa
  • Ein Junge, der an Diphtherie erkrankt und nicht geimpft war, ist in Berlin gestorben (Illustration).
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Impfpflicht nicht zielführend

Allerdings könne so ein Ausbruch dann passieren, wenn es eine empfängliche Gruppe gebe, wie etwa eine Schulklasse mit vielen ungeimpften Kindern. Eine Impfpflicht gegen Diphtherie hält Tenenbaum nicht für zielführend. «Das wäre nur dann sinnvoll, wenn wir eine erhöhte Bedrohungslage hätten.» Diese gebe es aber wegen der hohen Impfquoten nicht - die Krankheit tauche kaum auf.

Früher war das anders: 1892 erlagen der Infektion in Deutschland mehr als 50.000 meist junge Menschen. 1913 wurde die Impfung eingeführt, wodurch die Zahl der Infektionen deutlich sank. 2024 gab es dem RKI zufolge in Deutschland 51 bestätigte Erkrankungen, 2025 bislang 2. Die Übertragung erfolgt bei Rachendiphtherie gewöhnlich durch Tröpfcheninfektion.

Ursache der Infektion ist unbekannt

Ein weiterer Erkrankungsfall war im Herbst im familiären Umfeld des Kindes durch Kontaktnachverfolgung des Gesundheitsamtes festgestellt worden. Aufgrund eines Impfschutzes habe die Person allerdings nur einen leichten Erkrankungsverlauf gehabt, teilte der Landkreis Havelland damals mit. «Diese Person war gegen Diphtherie geimpft.» Wo sich das Kind infiziert hatte, ist nicht bekannt.

Die Impfung bietet laut RKI einen zuverlässigen Schutz gegen die Symptome der Diphtherie, nicht aber vor der Infektion mit dem Erreger. Die Ständige Impfkommission (Stiko) rät allen zur Diphtherieimpfung. Normalerweise erhalten Säuglinge zur Grundimmunisierung drei Dosen im Alter von zwei, vier und elf Monaten. Eine erste Auffrischungsimpfung empfiehlt die Stiko bei fünf- bis sechsjährigen Kindern, eine zweite im Alter von 9 bis 17 Jahren. Erwachsene sollten den Impfschutz alle zehn Jahre auffrischen lassen.

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Nicole Fuchsbauer aus Nürnberg

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