Kurz-Check: Was Taurus-Marschflugkörper können
Union will erneut über Angriffswaffen-Lieferung abstimmen lassen

Über die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern soll der Bundestag auf Wunsch der Union kommende Woche erneut abstimmen.  | Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa
  • Über die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern soll der Bundestag auf Wunsch der Union kommende Woche erneut abstimmen.
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BERLIN (dpa/nf) - Bundeskanzler Olaf Scholz steht eine weitere Woche mit Debatten über die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine bevor - und der Ampel-Koalition möglicherweise eine Zerreißprobe. Am Donnerstag will die Union ihren bereits im November erstmals beratenen Antrag zur Abstimmung stellen lassen, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, «unverzüglich» dieses weitreichende Waffensystem an die Ukraine abzugeben.

Es gibt Anzeichen dafür, dass dieser Antrag auch aus den Reihen von FDP und Grünen unterstützt werden könnte. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert rechnet aber nicht damit, dass die Union eine Mehrheit bekommen wird.

Auf eine entsprechende Frage sagte Kühnert in der ZDF-Sendung «Maybrit Illner»: «Nein, das glaube ich nicht, wir haben ja einen Koalitionsvertrag miteinander, in dem klar geregelt ist, dass die Koalitionspartner sich gemeinsam auf politische Inhalte verständigen und nicht Oppositionsanträgen zustimmen, auch wenn Frau Strack-Zimmermann das nun in der letzten Sitzungswoche anders gesehen hat.»

Die Union hatte schon vor zwei Wochen im Bundestag einen Antrag gestellt, in dem die Bundesregierung aufgefordert wurde, der Ukraine das Taurus-System zu liefern. Sie scheiterte damit allerdings. Aus der Ampel-Koalition stimmte nur die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, dafür. Die FDP-Politikerin kündigte bereits an, auch dem neuen Antrag zuzustimmen. «Meine Meinung ist bekannt und wird sich auch nicht mehr ändern. Ich werde mich bei weiteren Abstimmungen entsprechend verhalten», sagte sie dem Nachrichtenportal «t-online».

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Fakten über Taurus-Marschflugkörper

  • Der Taurus ist fünf Meter lang, einen Meter breit und 80 Zentimeter hoch. Er wiegt 1,35 Tonnen. Stückpreis etwa bei: 950.000 Euro.
  • Taurus KEPD-350 hat eine Reichweite bis zu 500 Kilometern. Taurus kann Bunker sowie andere gut gesicherte Anlagen wie Munitionsdepots zerstören. 
  • Deutschland besitzt mit etwa 600 Taurus die meisten Marschflugkörper dieses Systems. Spanien hat rund 40, Südkorea von einst 350 noch etwa 260 Stück. Von den 600 deutschen Taurus sind nach Angaben aus Berlin 150 einsatzfähig, während die Ukraine von 300 ausgeht
  • Taurus kann dabei feindliches Radar mit hoher Geschwindigkeit in weniger als 50 Meter Höhe unterfliegen. Beim Aufschlag auf das Ziel sprengt eine erste Ladung eine Lücke in Wand oder Decke der Ziele. Durch diese dringt dann ein 400 Kilogramm schwerer und mit Sprengstoff gefüllter Metallstab ein und explodiert. 
  • Die NATO hat in Osteuropa ein Raketenabwehrsystem aufgebaut und bekundet offiziell, ihre Marschflugkörper nicht nuklear zu bewaffnen.

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Plötzlich sind die Stimmen der Ampel recht?

Die Unionsfraktion hofft, dass sie jetzt mehr Unterstützung aus den Ampel-Reihen bekommt. Genährt wird diese Hoffnung unter anderem durch ein Interview des stellvertretenden FDP-Vorsitzenden Wolfgang Kubicki im «Münchner Merkur» vor wenigen Tagen. Schon beim letzten Mal habe mindestens ein Dutzend weitere Kolleginnen und Kollegen liebend gern dem Unions-Antrag zugestimmt, sich aber der Koalitionsdisziplin gefügt, sagte Kubicki. «Ich war auch kurz davor. Diesmal wäre für mich der Punkt erreicht, es zu tun.» Die Union sollte in ihrem Antrag nur nicht auf den Kanzler oder die Ampel einprügeln. «Zwei einfache Sätze zu Taurus und ich vermute, es gibt mindestens ein Dutzend Stimmen aus der FDP, die mitmachen.»

In dem Antrag der Union, um den es nun geht, wird die Bundesregierung aufgefordert, «endlich unverzüglich der ukrainischen Bitte nach Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern aus verfügbaren Beständen der Bundeswehr in größtmöglichem Umfang zu entsprechen». Ukrainische Soldaten sollten für den Einsatz des Waffensystems ausgebildet, abgegebene Taurus-Marschflugkörper sofort nachbeschafft werden.

Kühnert sagte, die Union sei frei darin, zu beantragen, was immer sie für richtig halte. «Ich bin aber auch frei darin, das als einen gewissen Grad an Klamauk mittlerweile zu empfinden.» Wenn wieder über einen Unions-Antrag abgestimmt werde, könne er für seine Reihen sagen: «In der SPD stehen alle zu dem, was der Bundeskanzler gesagt hat.»

Scholz beharrlich gegen Lieferung

Kanzler Scholz lehnt die Lieferung der Taurus-Raketen mit einer Reichweite von 500 Kilometern an die Ukraine ab, weil er befürchtet, dass Deutschland damit in den Krieg hineingezogen werden könnte. Am Montag vergangener Woche begründete er sein Nein erstmals öffentlich. «Was an Zielsteuerung und an Begleitung der Zielsteuerung vonseiten der Briten und Franzosen gemacht wird, kann in Deutschland nicht gemacht werden», sagte der Kanzler bei der dpa-Chefredaktionskonferenz.

Dies wurde von einigen als Hinweis verstanden, Franzosen und Briten würden die Steuerung ihrer an die Ukraine gelieferten Marschflugkörper Storm Shadow und Scalp mit eigenen Kräften unterstützen. Die britische Regierung dementierte das umgehend.

Mehrheit der Bürger unterstützt Linie des Kanzlers

Bei den Bürgern erntet der Kanzler mit seiner Haltung Beifall. Das zeigt erneut das ZDF-«Politbarometer». 59 Prozent der Befragten sprachen sich darin gegen die Lieferung dieser Waffe aus, 34 Prozent dafür. Ähnlich hoch war die Ablehnung jüngst in zwei anderen Umfragen, dem ARD-«Deutschlandtrend» und einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur.

Der Streit um die Taurus-Lieferung dürfte auch Thema bei der Eröffnung der Sitzungswoche des Bundestags am Mittwoch werden. Dann steht Scholz in der Regierungsbefragung den Abgeordneten Rede und Antwort.

An der Sondersitzung des Verteidigungsausschusses zur Taurus-Abhöraffäre am Montag wird der Kanzler nach einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland hingegen nicht teilnehmen. Das habe das Büro der Vorsitzenden Strack-Zimmermann mitgeteilt. Das Kanzleramt habe schriftlich ausgerichtet, dass sich die Bundesregierung darauf geeinigt habe, Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zu schicken. Unions-Fraktionsvize Johann Wadephul, kritisierte, dass sich Scholz zwar andernorts äußere, aber nicht im Parlament. «Das ist eine Missachtung des Bundestages, die ihresgleichen sucht.»

Autor:

Nicole Fuchsbauer aus Nürnberg

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