Arbeitsmarkt-Forscher
Aufhebung von Sanktionen hat geschadet
NÜRNBERG (dpa/mue) - Das Aussetzen von Sanktionen bei Verstößen gegen Hartz-IV-Regelungen im vergangenen Jahr hatte eine negativere Auswirkung auf die Vermittlung von Arbeitslosen als alle Bürgergeld-Regelungen zusammen. Das geht aus einer Untersuchung des Nürnberger Arbeitsmarktforschers Enzo Weber hervor, die er auf der Social-Media-Plattform Linkedin veröffentlichte.
Die Bundesregierung hatte im zweiten Halbjahr 2022 vor der Einführung des Bürgergeldes ein Sanktionsmoratorium verhängt und auf Kürzungen der Zuwendung im Falle von Verstößen gegen die Hartz-IV-Regelungen praktisch verzichtet. In diesem Zeitraum sank die Zahl der Hartz-IV-Empfänger, die in den Arbeitsmarkt wechselten, wegen des Moratoriums der Untersuchung Webers zufolge um 6,9 Prozent. «Der gemessene Moratoriums-Effekt bedeutet, dass sieben von 100 Jobaufnahmen, die zuvor in einem Monat stattgefunden hätten, danach nicht mehr zustande kamen. Das liegt in einer spürbaren und kritischen Größenordnung», sagte Weber.
Das Bürgergeld habe nicht den viel diskutierten Effekt erzeugt, dass Menschen Arbeit aufgeben und lieber das Bürgergeld in Anspruch nehmen. «Noch nie gingen so wenige Menschen aus Jobs neu in die Grundsicherung wie heute», sagte Weber. Die Zahl der Abgänge aus dem Bürgergeld in Jobs steige allerdings derzeit auch nicht, mit der Bürgergeldeinführung habe es hier einen negativen Effekt von 2,6 Prozent gegeben. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen liege um 220.000 höher als vor der Corona-Pandemie.
Deshalb müsse versucht werden, das Bürgergeld anzupassen. Weber schlägt statt überproportionaler Steigerungen der Regelsätze schnellere Anpassungen an die tatsächliche Inflation vor. Außerdem sollten nicht unbedingt höhere, aber längere Sanktionen möglich sein - mit der Möglichkeit, sie wieder aufzuheben, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.
Autor:Uwe Müller aus Nürnberg |
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