Wärmepumpen als Schub fürs Handwerk?
Bedarf an Fachkräften ist enorm gestiegen
Von Monika Wendel, dpa
BERLIN/POTSDAM (dpa) - Eine Aufgabe für angehende Handwerksmeister aus Brandenburg lautet: Finden Sie den Fehler in der Wärmepumpe? Die Meisterschüler inspizieren den Kältekreislauf einer Anlage, die in Deutschland gewissermaßen politisches Streitobjekt geworden ist. «Man muss sich in die neue Technologie erstmal einarbeiten», sagt Meisterschüler Martin Scholz. «Schwierig wird es in der Wartung, wenn es darum geht, Fehler zu finden.» Genau das lernen er und seine Kollegen im Wärmepumpenlabor der Handwerkskammer Potsdam, das Ende August offiziell eingeweiht werden soll.
Spezialisten sind gefragt wie nie, wenn das ausgebremste Heizungsgesetz im September verabschiedet werden soll. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist trotz Unsicherheit bei Verbrauchern, Herstellern und im Handwerk vom Wärmepumpen-Hochlauf überzeugt. Das Ziel der Bundesregierung, die den Klimaschutz vorantreiben und eine Abkehr von fossilen Energien will: Ab 2024 sollen jährlich mindestens 500.000 Anlagen in Betrieb gehen.
«Bedarf an Fachkräften ist hoch»
Doch im Handwerk fehlen die nötigen Fachkräfte, beim Knowhow gibt es Nachholbedarf. Die vielen kleinen und mittelständischen Handwerksbetriebe seien bislang auf Gas- und Ölheizungen ausgerichtet, sagt der Sprecher des Zentralverbandes Sanitär Heizung Klima (SHK), Frank Ebisch. «Der Bedarf an Fachkräften ist hoch.» In Deutschland fehlen demnach rund 60.000 Sanitär- und Heizungsinstallateure. Der Bund hat seit April speziell zur Qualifizierung rund um die Wärmepumpe ein Förderprogramm aufgelegt.
Auch der Bundesverband Wärmepumpe, in dem unter anderem Hersteller, Energieversorger und Handwerker vertreten sind, meint: «Es muss ein Umdenken ins Handwerk reinkommen.» Hausbesitzer müssen sich derzeit jedenfalls auf Wartezeiten einstellen. «Wenn Sie ein Auto bestellt haben, kommt es auch nicht innerhalb von zwei Wochen», meint Verbandssprecher Ebisch.
Heizungsgesetz soll 2024 in Kraft treten
Wärmepumpen ziehen Wärme aus der Umgebung, also der Luft oder dem Erdreich, und heizen damit die Gebäude. Wird bei dem energieintensiven Prozess nachhaltig erzeugter Strom verwendet, entfallen Umweltbelastungen durch CO2-Emissionen.
Die Vorzeichen für das Projekt Heizungstausch waren angesichts breiter Kritik an den Gesetzesplänen und Streit mit dem Koalitionspartner FDP schwierig. Dann bremste das Bundesverfassungsgericht die Ampel-Koalition aus - auch für das Handwerk ein Dämpfer. Das Heizungsgesetz soll nun nach der Sommerpause in den Bundestag kommen und 2024 in Kraft treten.
«Die Leute sind verunsichert»
Im laufenden Jahr sank die Nachfrage nach Wärmepumpen deutlich, und es gingen weit weniger Förderanträge beim Bund ein als 2022. So wurden beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle im ersten Halbjahr 48.804 Anträge für die Förderung einer Wärmepumpe gestellt - im Vorjahreszeitraum waren es rund doppelt so viele gewesen (97.766).
«Die Leute sind verunsichert, es gibt eine Delle», meint die Sprecherin des Wärmepumpen-Verbandes, Katja Weinhold. In manchen Haushalten sei auch noch schnell eine Öl- oder Gasheizung angeschafft worden. «Wir haben auch erlebt, dass Kunden ihren Auftrag, eine Wärmepumpe zu bekommen, storniert haben», schildert Sprecher Ebisch vom SHK-Zentralverband. Solange das Gesetz in der Luft hängt, sind ihm zufolge rechtssichere Beratungen der Kunden schwierig.
Verband: Nachfrage nach Weiterbildung groß
Wirtschaftsminister Habeck erwartet einen Schub für die Wärmepumpe, wenn die neue Förderung für einen Heizungstausch steht und ein maximaler Fördersatz von bis 70 Prozent - je nach Einkommen - möglich ist statt bislang 40 Prozent. «Wenn die Anträge gestellt werden können, rechne ich sehr stark damit, dass die Anträge in großer Menge kommen», sagt Habeck der dpa am Rande eines Unternehmensbesuchs.
Der Zentralverband Sanitär Heizung Klima spricht von einem «Push innerhalb des Handwerks». Mehr als 80 Prozent der Betriebe beschäftigten sich mit Wärmepumpen, sagt Ebisch. Die Nachfrage nach Weiterbildung sei groß. Auch die Hersteller, die ihre Produktionskapazitäten ausweiten, bieten eigene Schulungskurse an.
Bei Stiebel Eltron aus dem niedersächsischen Holzminden etwa heißt es: «Die Termine sind sehr gefragt.» Im vergangenen Jahr wurden laut Unternehmen 5000 Teilnehmer gezählt, dieses Jahr sollen es 7000 bis 7500 werden. Vaillant sucht zum Beispiel Quereinsteiger und wirbt auf seiner Internetseite für Umschulungen zum Wärmepumpen-Spezialisten.
Bei der Handwerkskammer Potsdam können die Meisterschüler an verschiedenen Anlagen-Typen experimentieren. «Die Wärmepumpe unter anderem ist das Heizmittel der Zukunft», sagt Ausbilder Reinhold Illgen, der viel daran setzt, dass die künftigen Handwerksmeister auch die Physik einer Wärmepumpe verstehen. Aber solche Anlagen könnten nicht sofort alle anderen Heizungssysteme ersetzen.
Wärmepumpe nicht für jeden gleich gut geeignet
Am meisten gefragt sind laut Einschätzung der Fachverbände Luft-Wasser-Wärmepumpen, die außen an Häusern installiert werden und in der Anschaffung günstiger seien als etwa Erdwärme- oder Grundwasser-Pumpen. Im Altbau etwa kann die Umstellung auf eine Wärmepumpe aber schwieriger sein als im neu gebauten Einfamilienhaus.
«Wenn ein Haus nicht saniert ist und keine neuen Fenster und keine gute Dämmung da sind, zahlen Sie eine hohe Stromrechnung», meint Verbandssprecher Ebisch. «So eine Wärmepumpe bringt eigentlich nur was, wenn sie individuell auf das Haus des Kunden eingestellt ist», sagt auch der Leiter des Bildungs- und Innovationscampus der Handwerkskammer Potsdam, Thilo Jänsch.
Die angehenden Handwerksmeister aus Brandenburg stellen sich auf viel Beratungsbedarf und einige Unsicherheiten rund um den Heizungstausch ein. Fragen dürften beim Verbraucher auch zur Höhe der Strompreise und zu Risiken von Stromengpässen aufkommen, wenn neben den Wärmepumpen auch Millionen E-Autos geladen werden sollen. Die Bundesnetzagentur arbeitet an Regelungen, um Stromausfälle zu vermeiden. Die Meisterschüler im Kurs der Handwerkskammer Potsdam witzeln darüber. Das Zukunftsszenario sei doch: «Entweder lesen oder heizen», sagt einer von ihnen und lacht.
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