Gefährlicher Trend
Kinderärzte warnen vor Melatonin!

Symbolfoto: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa
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BERLIN (dpa/mue) - Melatonin spielt beim Einschlafen eine wesentliche Rolle. Das natürliche Hormon wird in der Zirbeldrüse im menschlichen Gehirn produziert und wird aktiviert, wenn es dunkel wird.

«Vitamin D kennen alle, das ist das Hormon des Tages», erklärt Kinderarzt Ekkehart Paditz, der Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin und Schlafforschung (DGSM) ist. «Melatonin ist der Gegenspieler, das ist das Hormon der Nacht.» Im Internet und in Drogerien finden sich zahlreiche frei verkäufliche Nahrungsergänzungsmittel mit Melatonin, die meisten für Erwachsene. Sie versprechen schnelles Einschlafen und das Ende von Schlafstörungen. Es gibt sie in Form von Tabletten, Sprays, Tees, Tropfen und Gummibärchen.

Kinderarzt Paditz rät jedoch davon ab, den eigenen Kindern ohne Absprache mit einem Arzt eines dieser Produkte zu geben. Bislang wisse man noch zu wenig über die Abbauwege von Melatonin bei Säuglingen und kleinen Kindern. Sicher sei, dass der Melatonin-Stoffwechsel bei ihnen langsamer laufe. Außerdem gebe es bei den in Studien geprüften Nahrungsergänzungsmitteln erhebliche Konzentrationsschwankungen. «Es wäre fatal, wenn Eltern Geld für irgendwelche Tütchen ausgeben, die nicht über den Rezeptblock des Arztes oder über die Apotheke kommen.»

Beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) wurden seit 2011 mehr als 700 melatoninhaltige Erzeugnisse angezeigt, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte. Das bedeute aber nicht, dass jedes der Produkte auch auf den Markt gebracht worden sei. In den USA gab es Paditz zufolge in den vergangenen Jahren mehrere Todesfälle von Kleinkindern, die im zeitlichen Zusammenhang mit stark erhöhten Melatonin-Werten standen. In einer US-Studie berichten Forscher unter anderem von einem Fall, in dem Eltern ihrem drei Monate alten Kind regelmäßig zwischen acht und zehn Dosen eines hoch dosierten Melatonin-Produkts pro Tag gaben. Ob eine Überdosis des Hormons zum Tod des Kindes führte, konnte nicht endgültig geklärt werden.

Verschreibung per Rezept

Wenn Kinder unter ernstzunehmenden Schlafstörungen litten, sollten sich Eltern nicht auf frei käufliche Mittelchen verlassen, warnt Paditz. «Eltern gehen damit ein ziemliches Risiko ein, dass möglicherweise schwerwiegende Krankheiten übersehen werden.» Auch ein Hirntumor etwa könne Schlafstörungen verursachen. Er rät daher: «Kinder gehören zum Kinderarzt.»

Für betroffene Kinder und Jugendliche kann Melatonin per Rezept verschrieben werden. Seit einigen Jahren gibt es in Deutschland ein entsprechendes Medikament für Kinder ab zwei Jahren. «Ein zugelassenes Medikament, das über die Apotheke ausgereicht wird, bietet natürlich eine viel höhere Sicherheit», so Paditz weiter. Von der Krankenkasse werden die Kosten für das Präparat nur in zwei bestimmten Fällen übernommen: Das trifft zum einen auf Kinder mit einer Autismus-Spektrums-Störung zu, bei denen laut Paditz zwischen 20 bis 40 Prozent unter Schlafstörungen leiden. Zum anderen werden die Kosten bei Minderjährigen mit dem Smith-Magenis-Syndrom, einer seltenen Erkrankung, bei der der Tag-Nacht-Rhythmus gestört ist, übernommen.

Autor:

Uwe Müller aus Nürnberg

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