Von ungewohnter Seite: Mitleid für Streik-Opfer?
Kommt jetzt der Machtkampf innerhalb der Gewerkschaften?

GDL-Chef Claus Weselsky bei einer Pressekonferenz. | Foto: Kay Nietfeld/dpa
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BERLIN (dpa/vs) - Viele hatten Mitleid mit jenen Menschen, die aufgrund des Streiks der Deutschen Bahn gestern beispielsweise nicht oder nur unter erschwerten Umständen zur Arbeit oder in den Urlaub fahren konnten. Und jetzt haben sie Unterstützung von jemandem bekommen, von es viele wohl kaum erwartet hätten. Oder geht es vielleicht um etwas ganz anderes?

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat die Deutsche Bahn dafür kritisiert, dass sie am Montag aufgrund des großen Warnstreiks den gesamten Fernverkehr gestoppt hat. «Die Bahn legt einfach fest, dass in diesem Land kein Zug mehr fährt - obwohl eine ganze Reihe von Zügen sehr wohl fahren könnte», sagte Claus Weselsky dem «Spiegel».

Er sprach dabei von einem «Schmierentheater» der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und der DB. «Die Deutsche Bahn hat angeordnet, den Bahnverkehr zu stoppen. Das hätte die Bahn bei einem GDL-Streik niemals gemacht, sondern uns mit einer einstweiligen Verfügung gedroht», sagte Weselsky. «Bei uns sind immer mindestens 20 Prozent der Züge gefahren.»

Die EVG verhandelt bei der Deutschen Bahn (DB) derzeit für 180.000 Beschäftigte einen neuen Tarifvertrag. Die Verhandlungen der GDL mit der DB stehen im Herbst an, die GDL vertritt allerdings deutlich weniger DB-Beschäftigte als die EVG. Zuletzt hat die GDL bei Verhandlungen immer wieder versucht, ihren Einfluss innerhalb der Bahn zu vergrößern. Die EVG hatte für Montag gemeinsam mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zu Warnstreiks im Verkehr aufgerufen und so vor allem den Bahnverkehr lahmgelegt. Auch an einigen Flughäfen ging nichts.

Machen EVG und Bahn «gemeinsame Sache»?

«Die Bahn benutzt die EVG zum Erhalt ihrer wahnwitzigen Struktur eines weltweit tätigen Global Players. Und die EVG braucht den Arbeitskampf, weil sie sonst bedeutungslos wäre», sagte Weselsky dem «Spiegel». Dass der Streik vergangene Woche bereits in den Fahrplänen in der DB-App erfasst worden sei, sei Beleg genug, dass Bahn und EVG gemeinsame Sache machten. Die Forderung der EVG nach mindestens 650 Euro mehr Lohn für die Beschäftigten kommentierte er nicht.

Die Bahn betonte in einer Reaktion, dass die EVG für 180.000 Beschäftigte verhandle, während die Tarifverträge zwischen Bahn und GDL lediglich bei rund 10.000 Beschäftigten angewendet würden. «Streiks haben dadurch eine völlig andere Hebelwirkung. Hier müssen wir im Kundeninteresse handeln und den Bahnverkehr in weiten Teilen einschränken», sagte ein Sprecher. «Es nützt nichts, eine kurze Strecke mit einem ICE zu fahren, und dann strandet der besetzte Zug irgendwo, weil ein Stellwerk bestreikt wird.» In der GDL sind vor allem die Lokführer organisiert, in der EVG deutlich mehr Mitarbeiter aus verschiedenen Arbeitsbereichen.

Dem Management der Deutschen Bahn warf Weselsky vor, Milliarden mit Beteiligungen im Ausland zu verpulvern - «die haben die Bahn zum Sanierungsfall gemacht und sie wollen, dass die Angestellten jetzt den Gürtel enger schnallen».

Autor:

Victor Schlampp aus Schwabach

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