Wie rassistisch sind die Royals?
Neuer Fehltritt im britischen Königshaus

Die britische Königin Elizabeth II. (l) und ihre damalige Hofdame Lady Susan Hussey in einer Limousine. | Foto: Chris Radburn/PA/dpa
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LONDON (dpa/vs) - Viele erleben heute, dass sie bei ihrer Wortwahl sehr genau aufpassen müssen, um nicht unbeabsichtigt in die "Rassismus-Schublade" gesteckt zu werden. Vor allem Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, sind betroffen. Mitglieder des britischen Königshauses treten immer wieder in diesen Fettnapf. Ein aktueller Fall macht dies deutlich: Werden die Grenzen zum Rassismus überschritten?

Von Benedikt von Imhoff, dpa

Nur wenige Monate nach dem Amtsantritt von König Charles III. haben Rassismus-Vorwürfe die britische Royal Family eingeholt. Zwar distanzierte sich Thronfolger Prinz William rasch von den Aussagen seiner Taufpatin Lady Susan Hussey gegenüber einer schwarzen Aktivistin bei einem Empfang von Queen Camilla. Die Hofdame hatte Ngozi Fulani mehrfach gefragt, woher sie «wirklich» komme. Der Palast betonte, der König und die Königin seien informiert worden. Doch es sieht nicht so aus, als sei die Familie das Thema damit los.

«Das Problem von Charles und William ist, dass sich der Fokus bereits von den Handlungen einer einzelnen Frau auf allgemeinere Fragen verlagert - ob der Buckingham-Palast institutionell rassistisch ist», sagte der Royals-Experte Peter Hunt der Nachrichtenagentur PA. Vor allem für William kommt der Skandal im Buckingham-Palast zur Unzeit.

Gemeinsam mit Ehefrau Prinzessin Kate ist der 40-Jährige derzeit in den USA in der Ostküstenstadt Boston, um dort den «Earthshot»-Preis für Klimaschutzprojekte - ein Herzensprojekt Williams - zu vergeben. Als das royale Paar als ersten Programmpunkt ein Basketballspiel besuchte und in der Halle vorgestellt wurde, gab es auch Pfiffe, wie PA meldete. Allerdings sei der Zusammenhang unklar gewesen.

Was war überhaupt geschehen?

Am Mittwoch berichtete Fulani auf dem Twitter-Account ihrer Organisation Sistah Space, die sich gegen Gewalt gegen Frauen einsetzt, von einem Gespräch mit einer Hofdame. Die Frau, die sie nur als «SH» identifizierte, habe sich nicht mit der Antwort zufriedengegeben, sie sei Britin und in Großbritannien geboren. Das sei nichts als Rassismus, «durch und durch», sagte die Aktivistin der Zeitung «Mirror».

In der BBC sprach Fulani von «einer Form von Missbrauch». Sie beklagte vor allem die Tatsache, dass die Äußerungen vor anderen Teilnehmern des Empfangs fielen, «an einem Tag, an dem wir gegen Gewalt gegen Frauen arbeiten sollten».

Der Palast kritisierte in einer raschen Stellungnahme «inakzeptable und sehr bedauerliche Kommentare». Die Hofdame habe sich entschuldigt und sei zurückgetreten. Sie war als «Lady-in-waiting» eine enge Begleiterin von Queen Elizabeth II. und war etwa auf dem Weg zur Beisetzung ihres Gemahls, Prinz Philip, 2021 an ihrer Seite.

Dass Lady Susan, die rasch von Medien als Schuldige ausgemacht wurde, bereits 83 Jahre alt ist, ließ Fulani nicht als Entschuldigung gelten. Rhetorisch fragte sie: «Wollen wir etwa anerkennen, dass man aufgrund seines Alters nicht rassistisch oder unangemessen sein kann?» Ein anderer Teilnehmer des Empfangs, der Anwalt Nazir Afzal, sagte dem «Mirror», Hussey habe auch ihn bei dem Anlass nach seiner Herkunft gefragt.

Umgang mit Rassismus in Großbritannien

Der Skandal wirft für viele ein Schlaglicht auf den Umgang mit Rassismus in Großbritannien. Der Abgeordnete Jonathan Ashworth von der Labour-Partei sagte dem Sender Sky News, es gebe viel Alltagsrassismus in der Gesellschaft. «Leider müssen wir die Leute immer noch erziehen», sagte Staatssekretär Paul Scully.

Premier Rishi Sunak lehnte es zwar ab, den Skandal im Palast zu kommentieren, sagte aber mit Blick auf den Kampf gegen Rassismus: «Die Aufgabe ist nie zu Ende. Deshalb müssen wir ihn überall, wo wir ihn sehen, aufdecken.»

Doch das Opfer nahm konkret den Palast ins Visier. «Es geht um mehr als um eine Person. Es ist institutioneller Rassismus», sagte Fulani der Zeitung «Independent». Es sei ja richtig, dass alle vor Besuch des Palasts kontrolliert würden. «Aber was schützt uns Schwarze vor solch einer Behandlung? Dieser Vorfall ist bedauerlich und zeigt, dass sich nichts geändert hat», sagte die Aktivistin.

Der Sender Sky News kommentierte, die Aussagen der Lady seien «bestenfalls eine naive Fehleinschätzung und im schlimmsten Fall ein Zeichen für tiefsitzenden Rassismus und ein Nicht-Verstehen des Problems innerhalb des Palastes».

Kolonialismus-Assoziationen im März

Es ist nicht das erste Mal, dass die Royal Family am Pranger steht. Im März sorgten Fotos einer Karibik-Reise von William und Kate für Betroffenheit. Das Paar schüttelte durch einen Maschendrahtzaun hindurch Hände, William nahm in weißer Gala-Uniform in einem Geländewagen eine Parade ab. Das erinnerte viele an Kolonialismus.

Für Aufsehen gesorgt hatten auch die Vorwürfe von Herzogin Meghan, die im März 2021 im Interview mit Oprah Winfrey über die Zeit vor der Geburt von Sohn Archie erzählt. Es habe Bedenken gegeben, «wie dunkel seine Haut sein könnte, wenn er geboren wird», sagte die Ehefrau von Prinz Harry. Schwager William sah sich gezwungen, Stellung zu nehmen. «Wir sind keine rassistische Familie», sagte er wenige Tage nach der Ausstrahlung. Details oder neue Vorwürfe gab es seither nicht.

Das könnte sich aber bald ändern. In wenigen Tagen will Netflix eine Dokuserie über Meghan und Harry starten, am 10. Januar 2023 soll die Autobiographie des Prinzen erscheinen. Beobachter schließen nicht aus, dass dann das Thema Rassismus erneut zur Sprache kommt.

Autor:

Victor Schlampp aus Schwabach

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