Missbrauchsopfer sollen sich melden
Stadt München will dunkle Vergangenheit in Heimen und Pflegefamilien aufarbeiten

Ein Mann hält ein Kind gewaltsam fest am Arm. | Foto: Annette Riedl/dpa/Symbolbild
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MÜNCHEN (dpa/lby) - Die Kommission zur Aufarbeitung von Missbrauch in Kinderheimen und Pflegefamilien der Stadt München will mithilfe einer Öffentlichkeitskampagne weitere Opfer erreichen.

«Bisher haben sich 70 Betroffene bei uns gemeldet. Wir gehen aber von einer mittleren dreistelligen Zahl aus», sagte der Vorsitzende Ignaz Raab am Donnerstag in München. Die Betroffenen hätten verschiedene Formen von Gewalt erfahren, etwa sexueller, körperlicher, psychischer und behördlicher Art. Dieses Leid müsse zumindest finanzielle Anerkennung erfahren, auch wenn es teils viele Jahrzehnte zurückliege, betonte Raab.

An gut 60 Betroffene seien bereits zwischen 10.000 und 40.000 Euro Soforthilfen ausgezahlt worden - im Vorgriff auf spätere Anerkennungsleistungen in deutlich höherem Umfang. «Mir schwebt da schon eine Summe im sehr hohen fünfstelligen oder sechsstelligen Bereich vor», erläuterte Raab. Schließlich hätten viele Betroffene aufgrund ihrer Lebensumstände nie die Chance gehabt, eine Schul- oder Berufsausbildung abzuschließen und sich eine Existenz aufzubauen. Viele lebten deshalb bis heute in äußerst prekären Verhältnissen.

Seit Kriegsende wurden mehrere tausend Kinder und Jugendliche von der Landeshauptstadt in Heimen, Pflege- oder Adoptionsfamilien untergebracht; allein zwischen 1945 und 1975 hat eine Untersuchung rund 3000 Kinder ermittelt. Für Soforthilfen hat der Stadtrat mittlerweile 3,3 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Noch im Laufe dieses Jahres soll eine Anerkennungskommission die Arbeit aufnehmen, die dann über die wesentlich höheren Anerkennungsleistungen entscheidet.

Ein Vorgehen, dass sich Raab auch für andere Kommunen wünscht - ihmzufolge geht München diesen Weg bundesweit bislang als einzige. «Das verstehe ich nicht!», sagte Raab, der vor seinem Ruhestand Leiter des Polizeikommissariats für Sexualdelikte war. «War nur das Jugendamt München Hort des Bösen? Nein, sage ich. Missbrauch geschieht überall, wo Kinder sind.» Er wünsche sich eine staatliche Anerkennungskommission, die gleiches Leid mit gleichen Beträgen anerkenne. «Es kann ja nicht sein, dass es von Ort und Zeit abhängt, ob und wie jemand Wiedergutmachung erfährt.»

Autor:

Victor Schlampp aus Schwabach

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