Film über Chronisches Fatique-Syndorm
Oftmals schon in jungen Jahren: Kraftlos auf den Tod warten
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- Seit Jahren liegt Mila in einem dunklen Zimmer.
- Foto: inselfilm/Navigator Film/ZDF/Arte/dpa
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BERLIN (dpa/vs) - Das Zimmer ist dunkel. Jedes Geräusch, jede Anstrengung ist zu viel, ein Leben außerhalb des Bettes unvorstellbar. Heute läuft auf Arte eine Sendung über eine oft missverstandene und kaum erforschte Krankheit.
Von Carla Benkö, dpa
Mila liegt seit Jahren in einem abgedunkelten Zimmer. Schuld daran ist eine Krankheit namens Myalgische Enzephalomyelitis oder auch Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS) genannt. Mila ist im Jahr 2018 im Alter von 16 Jahren daran erkrankt. Mittlerweile ist selbst das Sprechen für sie oft zu anstrengend. Mit ihren Eltern kommuniziert sie über abgesprochene Gesten.
ME/CFS ist eine Multisystem-Erkrankung. Das bedeutet, dass sie mehrere Organsysteme gleichzeitig betrifft. Studien, Anerkennung, Behandlungsmöglichkeiten, Forschungsgelder - daran fehlt es seit Jahrzehnten. Dabei sind durch Long Covid viele Millionen Erkrankte hinzugekommen. Der Dokumentarfilm «Chronisch krank, chronisch ignoriert» gibt Betroffenen eine Stimme und liefert zugleich ein eindringliches Plädoyer an Politik, Medizin und Wissenschaft.
Der Film ist heute um 22.30 Uhr auf Arte zu sehen. In der Arte-Mediathek ist er bis 26. März verfügbar.
«Es ist alles weg, was das vorherige Leben ausgemacht hat»
«Für mich fühlt sich das so an, wie wenn man durch einen kalten, abweisenden, dunklen Tunnel geht. Und man geht ganz allein», sagt Mila. «Am Anfang denkt man noch, nach jeder Wendung bin ich hier raus. (...) Je länger man geht, desto mehr realisiert man, nein, das ist ein ganz langer Tunnel. (...) Und es ist so unendlich schwer, auch nur noch zwei Schritte weiterzugehen.»
Filmemacherin und Regisseurin Sibylle Dahrendorf, die seit Jahren an der Verkettung multisystemischer Krankheiten leidet, sagt: «Es ist ungeheuer schwierig zu beschreiben, wie sich so ein Körper anfühlt. Das ganze Körpergefühl ist weg. Körperfunktionen sind weg, Identität ist weg, Job ist weg, Freunde sind weg. Es ist alles weg, was das vorherige Leben ausgemacht hat.»
Betroffene sind komplett vom Leben abgeschnitten
Schwere Entkräftung, Muskelgelenk- und Nervenschmerzen, Herz-Kreislaufstörungen, kognitive Störungen, Muskelschwäche - das sind nur einige der Symptome von ME/CFS. Nach geistiger und körperlicher Belastung verschlimmert sich der Zustand oft dramatisch. Nichts geht mehr. Betroffene bezeichnen dies als Crash. Der Körper kann auf zellulärer Ebene keine Energie mehr erzeugen. Schwerst Erkrankte können das Bett nicht mehr verlassen, weder sprechen noch schlucken. Bis heute gibt es keine Klarheit über die genauen Ursachen.
«Ich wartete nur noch darauf zu sterben»
Asad Khan hat während der Corona-Pandemie als Lungenarzt auf einer Notfallstation gearbeitet, sich dort angesteckt und ist krank geblieben. «Ich lag in diesem Raum, wartete nur noch darauf, zu sterben. So konnte ich nicht weitermachen», sagt Khan.
Ihm hilft schlussendlich eine Blutwäsche, eine sogenannte Apherese. Dabei wird mit einer Maschine das Blut gereinigt. Die hohen Kosten für die Behandlung muss er selbst tragen. «Mir hat es sehr geholfen. Aber ich kenne einige Leute, bei denen es kaum oder gar nichts gebracht hat. Mich hat es auch nicht geheilt, aber ich bin sehr dankbar für die Verbesserung», sagt Khan.
Für Krankheiten wie Krebs gibt es mehr Engagement
Sarah Boothby und Sean O'Neill haben durch ME ihre Tochter Maeve verloren. Sie erkrankte im Alter von zwölf Jahren an einer unklaren Virusinfektion und wurde nie mehr gesund. 2021 konnte sie vor Schwäche nicht mehr sitzen, kaum essen und trinken. Sie kam ins Krankenhaus. Insgesamt dreimal. Aber die Ärzte kannten sich mit der Krankheit nicht aus. Am 3. Oktober 2021 starb Maeve. Sie wurde 27 Jahre alt.
«Es wäre besser für Maeve gewesen, wenn sie Krebs gehabt hätte wie ich. Ich habe seit zwölf Jahren Krebs. Die Behandlungen entwickeln sich», sagt Sean O'Neill. «Es gibt hier so viel Engagement und es wird weltweit so viel in die Behandlung von Krebs investiert. Aber eine Krankheit wie ME, von der wahrscheinlich Millionen von Menschen auf der ganzen Welt betroffen sind, da ist die Forschung so dürftig. Wir wissen nicht einmal genau, wie viele betroffen sind.»
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