Welle vorbei? - Alles zum Trendthema Tattoos!
Umfrage liefert interessante Ergebnisse
REGION (dpa/vs) - Für viele sind sie Ausdruck von Schönheit und Individualität, andere finden sie einfach nur schrecklich: Eine aktuelle Umfrage beschäftigt sich mit dem Phänomen der Tattoos und kommt dabei zu überraschenden Ergebnissen!
Von Gregor Tholl, dpa
Mit Arschgeweih oder Tribal outet man sich heute in erster Linie als Jugendlicher der 90er: Dennoch sind Tattoos so weit verbreitet wie noch nie. Jede vierte Frau in Deutschland ist tätowiert, bei den Mittzwanzigern bis Mittvierzigern sind es sogar mehr als 40 Prozent. Bei den Herren sind insgesamt weit weniger tätowiert (16 Prozent), am meisten sind es Männer zwischen Mitte zwanzig und Mitte dreißig (24 Prozent). Das geht aus einer neuen repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur hervor.
Insgesamt ist demnach jeder fünfte Erwachsene in Deutschland tätowiert. Definitiv lange vorbei ist die Zeit des Klischees, dass Tattoos bloß was für Seemänner oder verwegene Leute seien.
Mehr als ein Viertel der Erwachsenen (27 Prozent) sagt, den Anblick von Tätowierungen «sehr schön» oder «schön» zu finden. 20 Prozent finden Tattoos dagegen «gar nicht schön», 12 Prozent «eher nicht schön». Viele - nämlich 36 Prozent - sagen, sie fänden den Anblick «teils/teils», der Rest machte keine Angabe.
Viele Fans sind weiblich
Deutlich wurde bei der Umfrage Mitte Juni: Frauen finden Tattoos schöner als Männer (32 Prozent gegen 21 Prozent). Junge Erwachsene sind offenbar besondere Tattoo-Fans - 43 Prozent der Befragten zwischen 18 und 25 Jahren finden sie «sehr schön» oder «eher schön». Bei den Frauen dieser Altersgruppe sind es 55 Prozent, bei den jungen Männern 32 Prozent. Besonders abgestoßen von Tattoos sind Leute ab 55: Fast die Hälfte (47 Prozent) dieser Älteren findet den Anblick «eher nicht schön/gar nicht schön», Männer mehr als Frauen (57 gegen 39 Prozent).
Diese aktuellen Ergebnisse zeigten, dass sich der Tattoo-Trend in Deutschland auf einem Plateau stabilisiert zu haben scheine, sagt die Psychologin Ada Borkenhagen, die derzeit an einem Buch mit dem Titel «Bin ich schön genug?» über Schönheitswahn arbeitet.
Vor fast zehn Jahren gab Ada Borkenhagen zudem den Band «Body Modification» heraus, ein «Manual für Ärzte, Psychologen und Berater», das sich auch mit Tattoos, Piercing, Bodybuilding und ästhetischer Chirurgie beschäftigte. Über Jahre war die Psychologin an Forschungen zur Einstellung gegenüber Tattoos beteiligt.
Zur Normalisierung beigetragen
In den frühen Zehnerjahren sei ein großer Tattoo-Schub zu beobachten gewesen, erläutert Borkenhagen, die an der Uni Magdeburg Professorin ist. Eine Studie vor sechs Jahren habe gezeigt, dass in den Jahren 2009 bis 2016 viele Frauen und ältere Menschen auf den Tattoo-Trend aufgesprungen seien und damit zu einer Normalisierung beitrugen.
Borkenhagen meint, dass es im Sommer 2022 zu früh sei, das Ende des Tattoo-Trends auszurufen. «Es ist vor allem abzuwarten, ob die überdurchschnittlich hohe Tattoo-Begeisterung bei ganz jungen Frauen um die 20 sich bald auch in einer hohen Quote von Tätowierten in dieser Generation niederschlägt.» Zu bedenken seien die vergangenen zwei schwierigen Jahre für Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege, darunter eben auch Tattoo-Studios. «Corona und die Lockdowns haben viele Tattoos verhindert oder aufgeschoben. Der Nachholeffekt wird sich erst langsam zeigen.»
Verzierte Waden im Trend
Im Gegensatz zu den 90ern hat sich jedenfalls auch die Art und Motivwahl sehr verändert. Die Zeit großflächiger Tattoos scheint vorbei zu sein: Populärer sind heute minimalistische Motive (oft dann gleich mehrere davon) wie zum Beispiel kleine Blumen, Blätter, Blüten, Tiere, Autos, Papierflieger, Flugzeuge, Linien, Namen, Zahlen, Symbole und auch Sprüche.
Auch die Stellen sind häufig andere als früher. Statt am Steiß, Rücken oder Oberarm werden zum Beispiel der Hals oder der Bereich unterhalb der Achsel, direkt neben der Brust, tätowiert. Angesagt scheinen auch verzierte Waden, Knöchel und Füße.
«Der Körper ist für viele junge Menschen heute eine Art Kunstwerk und Leinwand. Viele Tattoo-Willige suchen neue Motive und wollen sich von ihren Eltern unterscheiden», sagt die Tattoo-Expertin Borkenhagen. «Allerdings ist der Körper auch nur ein begrenzter Raum. Außerdem ist es wohl bloß eine Frage der Zeit, bis der Tattoo-Trend vielleicht völlig vorbei ist. Denn nachwachsende Generationen könnten sich wiederum von ihren tätowierten Eltern ganz absetzen wollen.»
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