Offener Brief an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn
Corona-Krise: Klinikum Fürth sendet SOS

Das Klinikum Fürth wendet sich mit einem dramatischen Appell an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. | Foto: Archiv
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FÜRTH (pm/ak) - Mit einem dramatischen Appell richtet sich das Klinikum Fürth an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. In einem offenen Brief fordert Dr. Manfred Wagner, Krisenstabsleiter und Pandemiebeauftragter am Klinikum Fürth, sofortiges handeln von der Bundesregierung.

Sollten wichtige Entscheidungen weiter auf sich warten lassen, stünde der Kollaps der Gesundheitsversorgung bevor, und das nicht nur am Klinikum Fürth. So müssen jetzt aufschiebbare Eingriffe abgesagt und Personal umgeschichtet werden. Dr. Manfred Wagner spricht im Namen vieler Kliniken und Krankenhäuser und fordert von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, jetzt zu handeln: "Wir brauchen eine Entlastung unserer Kliniken.Verfügen Sie, den Regelbetrieb in den Kliniken zu reduzieren und sichern Sie die Krankenhäuser dafür finanziell ab. Sonst drohen die Pflegenden, Ärzte und andere Berufsgruppen in den Kliniken unter dieser Last zusammenzubrechen, für die alle noch im Frühjahr geklatscht haben! Wer soll dann, Herr Spahn, die Tausenden von Covid-19-Patienten in Deutschland versorgen?"

Der Offene Brief im Wortlaut:

Klinikum Fürth appelliert: „Handeln Sie jetzt! Wir brauchen eine Entlastung unserer Kliniken.
Verfügen Sie, den Regelbetrieb in den Kliniken zu reduzieren und sichern Sie die
Krankenhäuser finanziell ab.“

Sehr geehrter Herr Spahn,
mein Name ist Dr. Manfred Wagner, ich bin Krisenstabsleiter und Pandemiebeauftragter am Klinikum Fürth. Ich wende mich heute mit einem dringenden Appell an Sie.
Zuerst möchte ich aber etwas vorausschicken: Ich habe als Pandemiebeauftragter mit dem gesamten Team unseres Klinikums versucht, seit März unser Haus mit 800 Betten und über 2600 Beschäftigten durch diese Corona-Krise zu steuern. Dies ist uns trotz enormer Herausforderungen bisher ganz gut gelungen. Dabei war es mir immer wichtig, für gegenseitiges Verständnis für alle Akteure in dieser Krise zu werben. Insbesondere auch für unsere Politiker, denn für niemanden war diese Pandemie vorhersehbar und deshalb auch für jeden Neuland. In der Krise müssen Entscheidungen getroffen werden und dabei werden auch Fehler gemacht, aber das sollte man sich nicht gegenseitig vorhalten.
Deshalb habe ich mich auch nie am allgemeinen Politiker-Bashing beteiligt. Ich habe in dieser gesamten Krise außerdem versucht, nie Panik zu verbreiten, sondern besonnen und mit klaren Entscheidungen und deren Kommunikation das Klinikum sicher durch diese herausfordernden Zeiten zu lenken.
Jetzt sind wir aber an einem Punkt angekommen, an dem ich den Eindruck habe, dass es einen Weckruf an die Politik braucht, da es sonst für manche Entscheidungen in dieser zweiten Welle bald zu spät sein wird.
Nur einmal zur Verdeutlichung: Wir stehen jetzt mit der zweiten Welle da, wo wir in der ersten Welle ungefähr Anfang April, also in der Spitze der ersten Welle, standen. Schon jetzt haben wir mehr Corona-Patienten auf den Intensivstationen als damals – und der Winter steht uns erst noch bevor. Damals, in der ersten Welle, hatten wir einen ausgerufenen Katastrophenfall, einen totalen Lockdown, die politische Vorgabe, verschiebbare Eingriffe nicht durchzuführen und eine wirtschaftliche Absicherung für die finanziellen Ausfälle, die damit verbunden waren. Jetzt haben wir nichts davon!
Damals hat die Politik die Krankenhäuser verantwortungsvoll und geplant heruntergebremst, um die Corona-Patienten versorgen zu können. Jetzt lässt man die Krankenhäuser an die Wand der Überlastung fahren.
Wir bremsen bereits selbst und haben – wie viele andere Häuser in Deutschland – reagiert: Wir haben erste Stationen geschlossen und Eingriffe verschoben, um Personal für die Corona-Patienten frei zu bekommen. Aber wir tun das nicht nur auf eigenes Risiko, sondern mit finanziellen Einbußen.
Im Interview mit der FAZ haben Sie gestern auf die Frage, ab wann wieder OPs verschoben werden und Krankenhäuser mit finanzieller Absicherung rechnen können, gesagt: „Wenn Bundestag und Bundesrat wollen, dann könnten die Klinikhilfen noch im November in Kraft treten.“
Für lange Abstimmungsprozesse bleibt keine Zeit mehr. Sie müssen jetzt handeln und Krankenhäuser finanziell absichern, damit auch wir in dieser zugespitzten Situation adäquat handeln können: Wir müssen jetzt aufschiebbare Eingriffe absagen und Personal umschichten! Ich spreche nicht nur im Namen des Klinikum Fürth, sondern pars pro toto für viele Krankenhäuser in Deutschland und appelliere an Sie: Handeln Sie jetzt! Wir brauchen eine Entlastung unserer Kliniken.
Verfügen Sie, den Regelbetrieb in den Kliniken zu reduzieren und sichern Sie die Krankenhäuser dafür finanziell ab. Sonst drohen die Pflegenden, Ärzte und andere Berufsgruppen in den Kliniken unter dieser Last zusammenzubrechen, für die alle noch im Frühjahr geklatscht haben! Wer soll dann, Herr Spahn, die Tausenden von Covid-19-Patienten in Deutschland versorgen?

Mit freundlichem Gruß
Dr. Manfred Wagner

Autor:

Arthur Kreklau aus Fürth

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