FAU-Transfusionsmediziner über den Einsatz des Covid-19-Immunplasmas
"Wir versuchen unser Menschenmögliches"
ERLANGEN (pm/ak) - „Der große Vorteil des Covid-19-Immunplasmas ist, dass wir es sofort für die Patiententherapie einsetzen können“, erklärt Prof. Dr. Holger Hackstein, der an der FAU den Lehrstuhl für Transfusionsmedizin und Cell-Engineering innehat und Leiter der Transfusionsmedizinischen und Hämostaseologischen Abteilung am Universitätsklinikum Erlangen ist.
Nachdem der Mediziner in der vergangenen Woche die Erlaubnis seitens der Behörden erhalten hat, aus dem Blut genesener Covid-19-Patientinnen und -Patienten Immunplasma herzustellen, stehen nun die ersten Behandlungen in Erlangen an.
„Das Wirkprinzip dieses Plasmas ist eigentlich ein ganz einfaches. Es beruht darauf, dass eine Person, die diese Covid-19-Erkrankung durchläuft, ganz spezifische Abwehrstoffe gegen diese Erkrankung produziert, sogenannte Antikörper. Das sind Eiweißmoleküle, die an die Oberfläche des Virus anbinden und es in seiner Vermehrung direkt hemmen oder indirekt andere Zellen des Immunsystems dabei unterstützen, das Virus zu zerstören“, erläutert der Wissenschaftler. Patientinnen und Patienten mit schweren Krankheitsverläufen bekämen durch diese Bluttransfusion den Schutz des Immunsystems passiv übertragen und seien dann besser geschützt gegen diese lebensbedrohliche Viruserkrankung.
Aus China und anderen Ländern kämen schon erste wissenschaftliche Ergebnisse und die seien außerordentlich positiv, betont Hackstein. „Es ist gerade in PNAS, einer sehr hochrangigen internationalen Zeitschrift, eine erste Pilotstudie publiziert worden, die sehr positive Ergebnisse gezeigt hat. Ich wäre sehr froh, wenn wir das hier auch replizieren können.“ Kontrollierte klinische Studien zur Wirksamkeit von Covid-19-Immunplasma gibt es noch nicht, sie werden jedoch aktuell von verschiedenen Seiten initiiert. Daneben arbeiten Forscherinnen und Forscher weltweit daran, die Antikörper im Labor zu vermehren. „Aber diese Entwicklungen sind von der klinischen Anwendung noch relativ weit entfernt“, sagt Hackstein.
Im Moment gebe es natürlich einen großen Mangel an dem Immunplasma. „Wir tun hier das Menschenmögliche.“
Mittlerweile gebe es weitere transfusionsmedizinische Institute in Bayern, die jetzt ebenfalls diesen Weg gehen. Es bleibe deshalb zu hoffen, dass sich die Angebotssituation demnächst verbessere. „Aber letztendlich weiß keiner wirklich genau, wie sich die nächsten Wochen entwickeln werden“, sagt Hackstein.
Wie sich die Arbeit des Transfusionsmediziners seit der Corona-Pandemie verändert hat, wie spezielle Regelungen des Arzneimittelrechts die aktuelle Arbeit erleichtern und wie er die Vorbereitungen des Uni-Klinikums Erlangen einschätzt, darüber spricht Prof. Dr. Holger Hackstein aktuell in einem YouTube-Talk mit Gastgeber Prof. Dr. Joachim Hornegger, Präsident der FAU.
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