Sonderausstellung im Ludwig Erhard Zentrum
„Wir wollen Ihren Betrieb haben!“
FÜRTH (pm/ak) - Die Ausstellung „Verdrängung, Enteignung, Neuanfang: Familienunternehmen in Ostdeutschland von 1945 bis heute“ ist bis zum 29. August im Fürther Ludwig Erhard Zentrum (LEZ) zu sehen.
Familienunternehmen wurden in der früheren DDR systematisch verdrängt und enteignet. Heute prägen sie wieder die Wirtschaft in Ostdeutschland. In vier Teilen erzählt die von Wirtschaftshistoriker Dr. Rainer Karlsch vom IfZ (Institut für Zeitgeschichte München–Berlin) kuratierte Ausstellung vom Schicksal einzelner ostdeutscher Familienbetriebe. Persönliche Erfahrungen von Verdrängung und Enteignung in den Jahren ab dem Zweiten Weltkrieg stehen im Mittelpunkt, zunächst in der sowjetisch besetzten Zone, später der DDR und schließlich nach dem Mauerfall. Ob der familiengeführte Handwerksbetriebs Wendt & Kühn aus dem Erzgebirge mit seinen berühmten Engeln, der Hersteller von Backmischungen KATHI aus Halle an der Saale oder das mittelständische Dresdner Pharmaunternehmen APOGEPHA: Die bewegenden Geschichten dieser und anderer Unternehmen zeigen anschaulich die unternehmerfeindliche Wirtschaftspolitik in der früheren DDR.
Rundgang durch die Ausstellung
Die Ausstellung beginnt mit den Entwicklungen der unmittelbaren Nachkriegsjahre. Schon 1947/1948 betrieb die SED die Durchsetzung der zentralen Planwirtschaft und den Ausbau einer volkseigenen Industrie. Auf Grund von Demontage und ersten Verstaatlichungswellen entschlossen sich einige ostdeutsche Familienunternehmen, die sowjetisch besetzte Zone zu verlassen. Eine Weiterführung in einer der drei westlichen Besatzungszonen schien attraktiver. Während viele kleinere Unternehmen aus Handel, Leichtindustrie und Handwerk zunächst von der Verstaatlichung verschont blieben, sahen sie sich in den Jahren 1956 bis 1971 vermehrt staatlicher Diskriminierung ausgesetzt. Denn freier Wettbewerb und unternehmerische Freiheiten hatten im real existierenden Sozialismus der DDR keinen Platz. Dies wird vor allem in den 1970er und 1980er Jahren deutlich, der Zeit der kompletten Verstaatlichung und der Vernichtung des industriellen Mittelstands.
Der Neuanfang nach der Wende und die Reprivatisierung ab 1990 werden im letzten Teil der Ausstellung behandelt. An einer von mehreren Medienstationen erzählen Familienunternehmer, die nach der Verstaatlichung zum Teil als Betriebsleiter in den volkseigenen Betrieben arbeiteten, von den politischen Rahmenbedingungen sowie ihren Reaktionen und persönlichen Strategien. So entstehen „Portraits“ verschiedener Familienunternehmen, die die wechselvolle Geschichte von 1945 bis heute erzählen.
Ostdeutsche Familienunternehmen heute: Motor für Wachstum und Beschäftigung
Die Ausstellung baut auf umfangreichen Forschungsarbeiten im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen auf. Eine unter Leitung des wissenschaftlichen Kurators der Ausstellung, Dr. Rainer Karlsch (IfZ – Institut für Zeitgeschichte München-Berlin) verfasste Studie legt dar, wie eine einst reiche Landschaft an starken Familienunternehmen durch Krieg, Besatzung und Sozialismus Schaden nahm, nach dem Sturz der SED aber wieder zum Motor für Wachstum und Beschäftigung wurde. Volkswirtschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Familienunternehmen seit der Wiedervereinigung wieder zum tragenden Fundament der Wirtschaft in den neuen Bundesländern geworden sind. 92 Prozent der Unternehmen in den neuen Bundesländern sind Familienunternehmen – der Anteil liegt sogar höher als im Westen (89 Prozent).
Virtueller Ausstellungsrundgang
Die Ausstellung „Verdrängung, Enteignung, Neuanfang: Familienunternehmen in Ostdeutschland von 1945 bis heute“ ist bis zum 29. August im LEZ zu sehen. Hier ist der Link für den virtuellen Ausstellungsrundgang.
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