Schaustellerfamilie will auch ein Zeichen setzen
Ana & Kurt Grauberger eröffnen Café "LAPUZIA"
F*RTH (pm/ak) - Ein Straßeneck im Fürther Zentrum, die Gustav-Schickedanz-Straße trifft auf die Nürnberger Straße und führt weiter zur Freiheit. Hier trifft man sich, in der Kino-Kneipe Babylon, gegenüber in der Kaffee Rösterei LAPUZIA des Ehepaares Liedtke; zu Fürther Kärwa-Zeiten an der „Alten Bierhütt’n". Aus dieser Begegnung am Eck ist mit den Jahren die gute persönliche Beziehung zwischen den Graubergers, welche die Bierhütt’n betreiben und den Liedtkes von LAPUZIA entstanden. Manch frisch gerösteter, duftend aufgebrühter Kaffee, manches kühle, schäumende Schanzenbräu wurden gemeinsam in einer Pause oder nach Feierabend genossen.
Als Jürgen Liedtke durchblicken ließ, dass er sich nach zehn erfolgreichen Kaffee-Gründer-Jahren und einem langem Berufsleben als Unternehmensberater langsam mit einem ruhigeren Leben anfreunden könnte, wurde Kurt Grauberger, seit jeher rühriger Schaustellerunternehmer und Sohn einer großen, vielseitig tätigen Fürther Schausteller-Familie, hellhörig. Die Corona-Erfahrung, die Zeit eines quälend langen Berufsverbotes, tat ein Übriges: Und so begann nach ersten Gesprächen ein Austausch-Prozess, der von allen Seiten als erfreulich und vielversprechend beurteilt wurde. Das Ergebnis lässt aufhorchen: Ana und Kurt Grauberger haben inzwischen den Kaffeeverkauf und den Café-Betrieb LAPUZIA übernommen. Man muss vorausschicken, was Fürther Kaffeeliebhabern natürlich bewusst ist: Die Kaffeerösterei LAPUZIA, gegründet 2010, produziert nicht irgendwelchen Brühkaffee. Es sind sorgfältig ausgewählte Kaffeesorten, langjährig gepflegte Kontakte zu Kaffeeanbauern, meist kleine Familienunternehmen, häufig biologisch angebaute Bohnen, stets faire Handelskonditionen, die das Geschäft erfolgreich und einzigartig machen. Die Liedtkes, Evelyn studierte Chemikerin, Jürgen Verfahrenstechnik, kennen sich außerdem aus, mit Aromen, Prozessen der Herstellung, haben sich aber auch im Laufe der Jahre viel Wissen über Kaffeesorten, Rösttechniken, verschiedene Zubereitungsarten von Kaffee … angeeignet.
Auf der anderen Seite: Kurt Grauberger. Er blickt mit einer Mischung aus Faszination und Respekt auf diesen Schatz an Erfahrungen und Können. Aber die eigene Biografie hat ihn gelehrt, was man mit Neugier, Wissensdurst und Fleiß bewältigen kann. Wie viele Schausteller hat er im Familienunternehmen, allen voran von seinem Vater Kurt Senior gleich mehrere Handwerksberufe im „Learning-by-doing“-Verfahren erlernt. Die Graubergers schaffen ihre Werte selbst, bauen im Winter die Wohnwägen, in denen sie leben, die schön dekorierten Stände, an denen sie verkaufen eigenhändig in eigenen Werkstätten. Sie entwickeln neue Geschäftsideen im Familien-Diskurs und setzen sie um. Nun wird sich Kurt Junior „in einer Art Lehre“ das Wissen des Kaffeerösters und Unternehmers aneignen. „Es geht nicht nur um die Herstellung des Naturprodukts“, erläutert Jürgen Liedtke. „Unsere Mitarbeiterinnen sind besonders geschult, denn viele Verkäufe beginnen mit ausführlicher Beratung des Kunden. Unser Kaffee ist etwas für Genießer, Geschmacks-Freunde, Liebhaber des Besonderen“. Nicht nur das Rohprodukt, das Marketing, die Verkaufsstrategie, der Onlineshop, alles folgt durchdachten, an der Realität erprobten und notfalls immer wieder nachjustierten Prinzipien. Dies alles will sich Kurt Grauberger nun aneignen und mit eigenen Erfahrungen ergänzen.
Für Kurts Frau Ana geht mit LAPUZIA ein Traum in Erfüllung. Ana stammt aus Venezuela, die Großeltern väterlicherseits besaßen eine Kaffeeplantage, die heute noch in Familienbesitz ist. Anas Uroma mütterlicherseits namens Amelia Acosta Di Avila besaß in Kolumbien eine winzige Kaffee-Rösterei mit einem kleinen Café, bevor sie (mit der damals sechsjährigen Großmutter von Ana) nach Venezuela auswanderte. Das sind Geschichten, wie aus „100 Jahre Einsamkeit“, dem großen Familienepos vom Nobelpreisträger Gabriel Garcia Marquez und von ihm wissen wir, wie sehr (Familien-)Geschichten das Leben der Menschen für Generationen beeinflussen können. Ana Grauberger jedenfalls, ehemals Studentin des Journalismus, wird richtig euphorisch, wenn sie auf das Thema zu sprechen kommt: „Seit Jugendtagen träume ich von einem eigenen Café.“ Seit die Gespräche mit Liedtkes Gestalt annahmen, war sie dabei, in der heimischen Küche Prototypen von internationalen Speisen zu erstellen, die in „ihrem“ Lapuzia-Café bald die Gäste verwöhnen sollen. Ihr Handy ist voller Bilder solcher liebevoll angerichteter Speisen, süße und deftige Kreationen, die einen wenig zweifeln lassen, dass dies auch die fränkischen Besucher überzeugen wird.
Inzwischen ist viel passiert. Kurt Grauberger hat nicht nur erste Erfahrungen als künftiger Kaffeeröster gesammelt. Er nutzt auch die Kenntnisse der Mitarbeiterinnen der Liedtkes, die weiter zum Team gehören werden und arbeitet sich intensiv in die Welt des Kaffees ein. Und er hat seit Dezember 2020 die Räume von LAPUZIA in der Nürnberger Straße, wo in den Anfängen einmal die Bohnen aromatisch geröstet wurden (dieser Teil des Geschäfts findet lange schon auf einem Bio-Bauernhof in Mausdorf statt) eigenhändig zum gemütlichen Tagescafé ausgebaut. Auch die professionelle Küche hinterm Verkaufsraum ist fertig. Es könnte losgehen, doch Corona bedingt will man bis August warten.
Ein Nachtrag ist nötig: Fans der Grauberger’schen Reisegastronomie, der erfolgreichen Bierhütt’n von der Fürther Kärwa, vom Nürnberger Volksfest, vom Gostenhofer Weihnachtsmarkt, müssen sich keine Sorgen machen. Der Familienbetrieb bewältigt beides, das sesshafte LAPUZIA Café und den Volksfestbetrieb. Fleiß und gut Organisations-Strukturen sind alte Grauberger-Tugenden.
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