Bayerns Wirtschaftsminister lässt sich nicht impfen ++ MarktSpiegel-Umfrage
Streit mit Aiwanger: Opposition fordert Machtwort von Söder
MÜNCHEN (dpa/lby) - Die Opposition im bayerischen Landtag hat von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angesichts des Impfstreits mit seinem Stellvertreter Hubert Aiwanger (Freie Wähler) ein Machtwort verlangt. Die Staatsregierung lähme sich selbst, sagte Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Dabei sei im Kampf gegen die vierte Corona-Welle und gegen den Klimawandel derzeit besondere Führungsstärke gefordert.
Aiwanger hatte in mehreren Interviews seine Skepsis gegenüber einer Corona-Schutzimpfung an die Öffentlichkeit getragen. Söder warf ihm daraufhin vor, er fische um Wählerstimmen im Trüben. Aiwangers Handeln sei «billiges Kalkül», sagte CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer. Die Freien Wähler rechnen sich Chancen aus, bei der Bundestagswahl am 26. September Stimmen aus dem bürgerlichen Lager zu sammeln und gegebenenfalls sogar in den Bundestag einzuziehen.
Gegenwärtig liegt die Partei bundesweit klar unter der Fünf-Prozent-Hürde. Aiwanger ist nicht nur Wirtschaftsminister und Vize-Regierungschef in Bayern, sondern auch Bundesvorsitzender und Spitzenkandidat seiner Partei für die Bundestagswahl.
Der Freie-Wähler-Chef - einziges noch ungeimpftes Mitglied in Söders Kabinett - bezeichnete die Vorwürfe des CSU-Vorsitzenden als «Unverschämtheit». Er habe nie den Nutzen des Impfens in Frage gestellt. Die Impfung müsse aber Entscheidung jedes Einzelnen bleiben. In einem Interview hatte Aiwanger von Nebenwirkungen bei Impfungen gesprochen, «dass einem die Spucke wegbleibt» und von einer nach einigen Monaten bröckelnden Schutzwirkung der Impfung.
Grünen-Fraktionschef Hartmann verlangte: «Die Söder-Regierung muss ihre Grabenkämpfe überwinden und tun, was nötig ist.» Das Verhalten von CSU und Freien Wählern sei verantwortungslos. Aiwanger sabotiere in jedem seiner Interviews die Impfkampagne der eigenen Regierung. «Da erwarte ich schon Führungsstärke des Ministerpräsidenten, dass er ein klares Machtwort spricht.»
Ähnlich sieht es Bayerns SPD-Partei- und Fraktionschef Florian von Brunn. Aiwanger nähre unseriöse Zweifel am Impfen. «Aber Söder hat das losgetreten», sagte er auf dpa-Anfrage. «Jetzt kriegt er den Querdenker-Geist light nicht mehr in die Flasche.» Die Landesregierung müsse die Energiewende voranbringen und dafür sorgen, dass die Schulen nach den Ferien offen bleiben können. «Stattdessen beharken sie sich gegenseitig.»
Seine Co-Landesvorsitzende Ronja Endres betonte: «Der Ministerpräsident sollte seine Energie eher in die Probleme beim Impfen in Bayern stecken, anstatt die unseriösen Zweifel Herrn Aiwangers noch öffentlich zu bestärken, ohne Konsequenzen zu ziehen».
FDP-Fraktionschef Martin Hagen sagte, der Streit nähre sowohl Zweifel an Aiwangers Regierungsfähigkeit als auch an Söders Durchsetzungsvermögen. «Bayerns Staatsregierung macht sich bundesweit zum Gespött».
Kritik kam auch von Rechts. AfD-Landesvize Gerd Mannes betonte, die Politik Aiwangers und seiner Freien Wähler sei opportunistisch und inkonsequent. «Einerseits haben sie alle Maßnahmen von Söder einstimmig mitgetragen, andererseits spielen sie die Koalitionsopposition», sagte er. «Die Freien Wähler wollen die Privilegien des Regierens genießen, dann aber im Oppositionsraum Stimmen fangen.»
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