Agrarministerin Kaniber fordert Abschuss von Wolf
UPDATE: Warum sich Wölfe nicht an Vorschriften halten
UPDATE: Experte weist Forderungen nach Wolfsabschuss zurück
MÜNCHEN (dpa/lby) - Der Bund Naturschutz (BN) in Bayern hat die Forderung eines Wolfsabschusses von Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) klar zurückgewiesen. «Wir können hier kein gefährliches Verhalten erkennen», sagte BN-Wolfsexperte Uwe Friedel am Mittwoch. Nach der Tötung mehrere Wild- und Nutztiere in Oberbayern hatte Kaniber den Abschuss des verantwortlichen Wolfes gefordert und von einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit gesprochen.
Die Aussage, dass der Wolf Scheu verloren habe und deswegen eine Gefahr für Menschen darstelle, sei aus Sicht des BN fachlich nicht haltbar, betonte Friedel. Der Wolf habe sich in Siedlungsnähe begeben, weil er dort Fressen in Form von ungeschützten Ziegen und Schafen gefunden habe. Dabei habe der Wolf kein Interesse am Menschen gezeigt. Ganz im Gegenteil, beim einzigen Kontakt mit einem Menschen sei der Wolf geflüchtet.
Statt einer sogenannten Entnahme des Wolfes möchte der BN mögliche Alternativen prüfen. So könnten die Herdenschutzmaßnahmen erhöht werden, etwa durch wolfsabweisende Zäune, indem die Nutztiere nachts im Stall untergebracht oder Herdenschutzhunde eingesetzt würden. «Bei keinem der Risse bestand ein ordnungsgemäßer Herdenschutz», sagte Friedel. Der BN halte deswegen eine Entnahme des Wolfes für nicht gerechtfertigt.
Kaniber gab sich überzeugt, dass das Tier, welches laut Gen-Analysen des bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) mehrere Risse in den Landkreisen Traunstein, Rosenheim und Berchtesgadener Land im Dezember auf seinem Konto hat, alle Bedingungen erfüllt, die für eine sogenannte Entnahme notwendig sind. Der BN kündigte an, einen möglichen Abschuss-Bescheid rechtlich überprüfen zu lassen.
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MÜNCHEN (dpa/lby/nf) - Der für den Tod mehrerer Wild- und Nutztiere verantwortliche Wolf im Landkreis Traunstein muss nach Ansicht von Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber schnell abgeschossen werden. «Ich hoffe auf eine rasche und klare Entscheidung der Umweltverwaltung, konkret der Regierung von Oberbayern, über den vorliegenden Entnahmeantrag. Das gilt gerade mit Blick auf die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch den Wolf. Da kann man nicht beliebig zuwarten», sagte die CSU-Politikerin am Mittwoch auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in München.
Kaniber gab sich überzeugt, dass das Tier, welches laut Gen-Analysen des bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) mehrere Risse in den Landkreisen Traunstein, Rosenheim und Berchtesgadener Land im Dezember auf seinem Konto hat, alle Bedingungen erfüllt, die für eine sogenannte Entnahme notwendig sind: «Bei uns im Alpenraum sind zahlreiche Höfe, Almen und Weiden nicht schützbar. Vor allem aber müssen wir die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sehr ernst nehmen.»
Kaniber kündigte zudem einen Vorstoß bei Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) zu den Fragen eines staatenübergreifenden Wolfs-Monitorings, zum Erhaltungszustand und schließlich zur Anpassung des Schutzstatus an die tatsächlichen Verhältnisse an. Sie forderte die vollständige Umsetzung des EU-Rechts in nationales Recht, damit in Deutschland die gleichen Möglichkeiten beim Management zur Verfügung stehen wie in anderen EU-Staaten.
Nach Angaben des LfU hatte der Wolf im Dezember eine Ziege verletzt sowie weitere Ziegen und ein Wildgehege angegriffen. Zudem hatte er im Landkreis Rosenheim Wildtiere getötet. Am 19. Dezember riss der männliche Wolf im Landkreis Berchtesgaden Schafe. Wölfe sind in Deutschland streng geschützt. Unter bestimmten Voraussetzungen ist aber ein Abschuss erlaubt - etwa wenn Gefahr für Nutztiere droht, die nicht anderweitig vor dem Wolf geschützt werden können.
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Der "Bayerische Aktionsplan Wolf“ ist u.a. aus Sicht des LBV eher ein Wolfsabwehr- und -vergrämungsplan als ein praxisorientierter Umgang mit dem nach Bayern zurückkehrenden Beutegreifer. Der Aktionsplan Wolf beinhaltet deutlich zu wenige konkrete Empfehlungen und Optionen für Tierhalter zur Prävention, zu Abläufen im Schadensfall und zum Prozedere bei der Entnahme von Wölfen.
Der LBV weiter: In Abhängigkeit vom jeweiligen Lebensraum haben Wölfe einen umfangreichen Speiseplan. Mehrjährige Untersuchungen des Senckenberg Museums für Naturkunde in Görlitz haben beispielsweise ergeben, dass sich die sächsischen Wölfe bevorzugt von Rehen ernähren: Zu über fünfzig Prozent füllen sie den Speiseplan. Offensichtlich sind die in der Lausitz häufig vorkommenden Rehe leichter zu erbeuten als die großen Rothirsche. Im Sommer dagegen, wenn es viele Frischlinge bei den Wildschweinen gibt, machen diese den Hauptteil der Nahrung aus.
Leider kommt es immer wieder vor, dass Schafe oder andere Nutztiere von Wölfen gerissen werden. Um Energie zu sparen, bevorzugen sie stets Nahrung, die für sie am leichtesten zu erreichen ist. Treffen sie z.B. auf ungeschützte Schafe, die leichter zu erbeuten sind als Rehe, nutzen sie gern diese Gelegenheit. Und genau hier setzen sogenannte Herdenschutzmaßnahmen an: Mit wolfssicheren Zäunen oder Herdenschutzhunden wird es für Wölfe sehr schwer und unattraktiv Schafe und andere Nutztiere zu erbeuten.
Hierzu bedarf es der pragmatischen Förderung des Herdenschutzes im bestehenden Fördersystem. Staatliche Zuschüsse sollten alle wolfsbezogenen Investitions- und Erhaltungskosten berücksichtigen, einschließlich der Arbeitskosten. Der LBV fordert das Landwirtschaftsministerium und seine Fachbehörden auf, dafür umgehend die Voraussetzungen zu schaffen.
Gleichzeitig sind aber auch die Tierhalter gefordert, die Haltungsbedingungen an die Anwesenheit des Wolfes anzupassen. Auf den Schweizer Schafalpen beispielsweise werden bereits über 200 zum Großteil unbewachte Herdenschutzhunde eingesetzt, um Schafherden in unwegsamen Gelände zu schützen.
Wandergebiete, in denen Herdenschutzhunde ohne menschliche Betreuung eingesetzt werden, können auf einer online Wanderkarte vorab in Erfahrung gebracht werden. Um einen reibungslosen Besucherverkehr trotz Herdenschutzhunden zu erreichen, weisen außerdem Informationsschilder in den jeweiligen Gebieten auf das richtige menschliche Verhalten hin.
Tipps zum Thema Wolf
LBV - Der Wolf in Bayern
https://www.lbv.de/naturschutz/artenschutz/saeugetiere/wolf/
Große Versäumnisse in der Herdenschutzberatung
https://www.lbv.de/news/details/grosse-versaeumnisse-in-der-herdenschutzberatung/
Nutztierhalter, deren Weiden innerhalb der Kulisse liegen, können sich Herdenschutzmaßnahmen fördern lassen. Anträge können ab sofort bei den zuständigen Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) gestellt werden.
https://www.stmelf.bayern.de/agrarpolitik/foerderung/244077/index.php
Schäden, die Nutztierhaltern durch Wolfsrisse entstehen, können durch den Ausgleichsfonds Große Beutegreifer kompensiert werden. Weitere Informationen dazu bietet das Internetangebot des Bayerischen Landesamts für Umwelt:
Ausgleichszahlungen und Schadensermittlung
Der "Bayerischer Aktionsplan Wolf" regelt als Managementplan der Stufe 3 den Umgang mit einer zunehmenden Anzahl von wandernden, standorttreuen und reproduzierenden Wölfen in Bayern. Zielsetzung ist es, auftretende Konflikte durch gezielte Managementmaßnahmen zu minimieren. Der hier vorliegende Managementplan baut auf dem 2014 veröffentlichten Managementplan "Wölfe in Bayern - Stufe 2" auf. Er stellt den erreichten Arbeitsstand März 2019 dar.
Bayerischer Aktionsplan Wolf
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