Zukunft der Wissensvermittlung
KI wird festen Platz an Schulen bekommen
MÜNCHEN (dpa/lby) - Der scheidende Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, erwartet, dass Künstliche Intelligenz (KI) einen festen Platz in den Schulen bekommen wird. "Sicher ist: Ein Verbot wird nicht funktionieren. Etwas zu verbieten, wozu jeder Schüler und jede Schülerin außerhalb der Schule jederzeit Zugang hat, wird Schule eher schwächen als stärken", sagte Meidinger am Mittwoch in München. Es komme deshalb darauf an, den Kindern und Jugendlichen beizubringen, KI sinnvoll einzusetzen und die Ergebnisse der KI kritisch zu bewerten und einzuordnen.
"Letztlich geht es bei Bildung immer um Verstehensprozesse. Da kann KI mit Sicherheit viel bewirken, aber sie wird den Menschen nicht ersetzen können", sagte Meidinger zu den Auswirkungen von KI wie dem derzeit populären Text-Chatbot ChatGPT auf den Schulalltag. Der Einsatz von KI bemesse sich nach dem Lernerfolg, nach der Motivation der Schüler. "Das kann gelingen, ist aber kein Selbstläufer."
Die Erfahrungen der Corona-Pandemie hätten bestätigt, dass der reine Zugang zu digitalen Hilfsmitteln Bildungsprozesse nicht demokratisiere, betonte Meidinger. Gerade die Kinder, die dringend der Förderung bedürften, bräuchten die Lehrkraft am meisten. "Der Schlüssel ist immer noch der Mensch."
Grundsätzlich könnten die Jugendlichen KI etwa bei den Hausaufgaben benutzen, ohne dass die Lehrkraft das zwingend merke, schilderte Meidinger bereits den heutigen Stand der Dinge. Da gehe es darum, "dem Schüler deutlich zu machen: Das ist nur eine scheinbare Abkürzung, denn wenn die Klausur kommt, wirst du ohne KI nicht zurechtkommen." Bei Referaten und Präsentationen müssten Lehrkräfte künftig nicht nur das Ergebnis, sondern vor allem auch den Arbeitsweg bei der Bewertung der Leistung berücksichtigen.
Auf die Lehrkräfte kommen nach Meidingers Einschätzung sowohl Erleichterungen - etwa bei Korrekturen oder dem Anpassen des Unterrichts an die individuellen Voraussetzungen der einzelnen Schüler - als auch faszinierende Möglichkeiten der Unterrichtsgestaltung zu. Aber auch viele Herausforderungen: "Es gibt auch viel Unsinn, Quellen, die erfunden werden, das wissen wir alle", schilderte Meidinger Erfahrungen mit ChatGPT. "Und im Endeffekt ist die Lehrkraft verantwortlich für alles, was im Unterricht passiert." Sie müsse dann zumindest im Nachgang für die Richtigkeit sorgen.
Ein großes Problem sei auch der Datenschutz. "Wir brauchen klare staatliche Rahmenbedingungen durch die Kultusministerien", forderte Meidinger. Diese dürften die Verantwortung nicht länger auf die Schulleitungen beziehungsweise die einzelnen Lehrkräfte abwälzen.
Der aus Bayern stammende Präsident des Deutschen Lehrerverbands engagiert sich seit Jahrzehnten in Berufsverbänden und gilt als renommierter Fachmann der Bildungspolitik. Ende Juni verabschiedet er sich in den Ruhestand.
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.