Mörder fast 30 Jahre nach der Tat verurteilt
12 Jahre Haft für 69-Jährigen
HAMBURG (Carola Große-Wilde/dpa/vs) - Mord verjährt in Deutschland nicht. Das gilt auch dann, wenn die Tat vor Jahrzehnten verübt worden ist: Im Prozess um den Mord an zwei Frauen in den 90ern ist der 69-jährige Angeklagte zu zwölf Jahren Gesamtfreiheitsstrafe und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden.
"Mord verjährt nie", sagte die Vorsitzende Richterin Jessica Koerner am Dienstag vor dem Hamburger Landgericht. Es komme selten vor, dass Taten nach so langer Zeit aufgeklärt werden könnten.
Dies sei der Soko "Cold Cases" zu verdanken, die die beiden Fälle neu bewertet und das Gericht so in die Lage versetzt habe, sie doch noch aufzuklären. Das Gericht ging davon aus, dass der Deutsche die beiden Frauen im Alter von 28 und 79 Jahren in ihren Wohnungen in Hamburg missbraucht, erdrosselt und ausgeraubt hat.
Den Ermittlern waren Parallelen zu früheren Taten des 69-Jährigen aufgefallen. Der Angeklagte kannte beide Opfer und war schon früher in das Blickfeld der Ermittler geraten. Er war 2011 vom Landgericht Lübeck wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden - Opfer war seine eigene Nichte.
Was genau am 12. Juni 1993 in der Wohnung des 28 Jahre alte Opfers passierte, konnte nicht im Einzelnen geklärt werden, sagte die Richterin. Es sei jedoch bewiesen, dass der Angeklagte die junge Frau aufsuchte, entkleidete und sexuelle Handlungen an ihr vornahm. Anschließend habe er sie mit einem Frotteehandtuch erdrosselt und eine Handtasche entwendet. Das genaue Motiv sei unklar, wahrscheinlich wollte der Mann die Tat vertuschen.
Auch das 79 Jahre alte Opfer habe der Angeklagte am 19. April 1999 überfallen, sexuell missbraucht und im Schlafzimmer mit einer Plastiktüte erstickt. Anschließend habe er Goldschmuck und eine blaue Handtasche entwendet. Auch hier habe er die Frau umgebracht, um sie als Zeugin auszuschalten.
Zu Beginn des Prozesses hatte der Angeklagte alle Tatvorwürfe bestritten. Er habe beide Frauen gekannt, mit ihrer Ermordung aber nichts zu tun, ließ der Mann durch seinen Verteidiger mitteilen.
Am Dienstag nutzte er die Gelegenheit zu einem letzten Wort: "Ich habe in meinem Leben sehr viel Mist gemacht. Ich habe sehr viel Schuld. Ich hätte auch was machen können aus meinem Leben", sagte der 69-Jährige mit brüchiger Stimme. "Aber ich bin kein Mörder. Ich habe die beiden Frauen nicht umgebracht."
Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft für beide Taten zusammen eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren und sechs Monaten gefordert. "Ohne Zweifel muss man feststellen, dass der Angeklagte der Täter ist", sagte der Staatsanwalt. Alles andere seien nur Spekulationen, die man nicht ernsthaft verfolgen könne.
Der Staatsanwalt räumte ein, dass es nur eine "statische Beweislage" gebe. Es müsse jedoch auch das Vorleben des Angeklagten, der schon 1993 wegen Sexualdelikten verurteilt worden war, berücksichtigt werden.
Die Verteidigung hatte einen Freispruch für den Angeklagten gefordert. "Für eine Verurteilung reicht es nicht aus", sagte sein Verteidiger. Es gebe nur Indizien, aber keine Beweise. Deshalb gelte für den Angeklagten die Unschuldsvermutung.
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