Müssen Schulen unbedingt ins Skilager?
Kontroverse Diskussion um Kosten, Umwelt und Unterrichtsaufall
BAYREUTH/STUTTGART (dpa/vs) - Seit Jahrzehnten gehört das sogenannte Skilager zum festen Bestandteil an vielen bundesdeutschen Schulen. Doch jetzt gibt es eisigen Gegenwind für diese einst so beliebte Schülerfreizeit.
Von Philipp Demling und Alexia Angelopoulou, dpa
Mit Skiern im Gepäck für eine Woche in die Alpen. Immer mehr Schulen im Süden Deutschlands streichen das bei vielen Schülern beliebte Skilager, das in der Vergangenheit oft nach Österreich oder Südtirol führte. Zu teuer. Denn: Um auf präparierten Pisten im Nachbarland ins Tal zu sausen, braucht es einen Skipass. Der kostet nicht gerade wenig. Deshalb suchen Schulen in Bayern nach günstigeren Alternativen - etwa in Mittelgebirgen.
Vor allem an bayerischen Schulen habe das Skilager in der 7. und 8. Klasse bisher zum festen Programm gehört, sagt Jürgen Böhm, Bundesvorsitzender des Verbands Deutscher Realschullehrer. Dabei schnallen sich Schüler über mehrere Tage Ski an - statt in der Schule zu lernen. Nun beobachtet Böhm einen Trend, Skikurse durch Sportwochen zu ersetzen. «Dabei spielt vor allem der finanzielle Aspekt eine Rolle, teilweise auch ökologische Überlegungen.»
«Skifahren ist kein großes Thema mehr», hat Dirk Lederle vom Verband Bildung und Erziehung Baden-Württemberg festgestellt. Der Leiter der Johanniterschule in Heitersheim im Schwarzwald findet das schade, aber: «Die Anzahl der skifahrenden Jugendlichen hat ziemlich stark abgenommen, selbst bei uns im Schwarzwald.»
Statt Ski steht mehr Wintersport auf dem Programm
Die Finanzierung scheint das Hauptproblem zu sein. «Generell gibt es bei Klassenfahrten die Diskussion: Muss das immer so viel kosten?», sagt der Vorsitzende des baden-württembergischen Landeselternbeirats, Michael Mittelstaedt. Der Schulleiter eines Bayreuther Gymnasiums, Franz Eisentraut, rechnet vor: 2022 hätten die Eltern für eine Schulwoche auf der Piste knapp 500 Euro an die Schule überweisen müssen - unter anderem für Transport, Übernachtung und Skipass. Zähle man noch Winterausrüstung, Taschengeld und Leihgebühren für Skier hinzu, komme man schnell auf rund 700 Euro pro Schüler.
Deshalb setzen Schulen nun auf Wintersportwochen, bei denen nicht nur Ski fahren auf dem Programm steht - «sondern zum Beispiel auch Schneeschuhwanderungen oder Schlittschuhlaufen», berichtet der Schulleiter der Realschule Memmingen, Jörg Link. Für die Wintersportwoche in Oberbayern fielen etwa 300 Euro an. «Natürlich ist das auch eine Kostenfrage», gibt er zu bedenken.
Doch nicht alle lassen sich von den Kosten abschrecken. Inzwischen nehmen sogar viele Schulklassen aus Norddeutschland den weiten Weg in die Alpen wieder auf sich, wie Thomas Braun berichtet, Vorstand Sportentwicklung und Bildung beim Deutschen Skiverband. «Wann kommt man noch so intensiv mit Kälte, Schnee und Winter in Berührung?»
Weiter Andrang in den Jugendherbergen
Zwar ist Schnee in Deutschland rar geworden. Doch in den deutschen Mittelgebirgen ist er noch zu finden, wenn auch seltener als in früheren Jahrzehnten. Deshalb bleiben die Mittelgebirge für Schulen interessant, was sich an den Übernachtungszahlen ablesen lässt.
Das Deutsche Jugendherbergswerk stellt keinen Rückgang der Übernachtungen von Schulklassen in Skigebieten fest. Sprecher Justin Blum berichtet sogar von einem leichten Anstieg in den Mittelgebirgen. Gründe dafür seien unter anderem die kürzere Anreise und günstigere Preise. Nach Winterberg in Nordrhein-Westfalen kamen demnach in jüngster Zeit immer mehr Klassen zum Skifahren.
Auch in Torfhaus im Harz (Niedersachsen) sowie den bayerischen Skiregionen seien die Übernachtungszahlen stabil. Die Jugendherbergen in Bayern profitierten nach eigenen Angaben davon, dass weniger Klassen nach Österreich und Südtirol fahren.
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