Wegen kolonialistischer Klischees
Fürther Löhe-Denkmal erhielt zum Buß- und Bettag eine Neugestaltung

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FÜRTH (pm/ak) – Zum Buß- und Bettag erhielt das Löhe-Denkmal auf dem Kirchenplatz der Altstadtkirche St. Michael in Fürth eine sichtbare Neuinterpretation. Die Umsetzung hat Pfarrer Hans-Ulrich Pschierer initiiert.

„Die Idee zu diesem `Kommentar´ entstand, weil ich täglich von meinem Bürofenster aus Menschen um das Denkmal gehen sehe. Der Gedanke, dass diese ungebrochen kolonialistische Sichtweise im Denkmal ein "Aushängeschild" für unsere Kirchengemeinde ist, war für mich schwer erträglich,“ sagt Pschierer.

Das Denkmal, eine überlebensgroße Bronzebüste, zeigt den 1808 in Fürth geborenen Theologen Wilhelm Löhe. Es wurde im Jahr 1928 vom ebenfalls in Fürth geborenen Bildhauer Johannes Götz (1865-1934) geschaffen. Hintergrund der Darstellung des an der westlichen Seite angebrachten Reliefs ist Löhes Engagement für die Entsendung von Missionaren nach Nordamerika. Die Themenplatte trägt den Titel "Löhes Sendboten predigen den Indianern das Evangelium." Ein Bärtiger im Talar ist zu sehen, der hoch aufgerichtet vor den halbnackten Native Americans steht und diese belehrt, mit einer Bibel unter dem Arm und erhobenem Zeigefinger.

Der Kirchenvorstand von St. Michael sei sich einig über die Problematik der Bildsprache, die kolonialistische Klischees und westliche Dominanz verherrliche, aber sei noch zu keinem Ergebnis gekommen, erklärt Hans-Ulrich Pschierer. Die Idee zu einer sichtbaren Kommentierung des Reliefs hat er zusammen mit Johanna Kluge, die im Amt für Jugendarbeit für internationale Kontakte zuständig ist, Vikar Jakob Nehring und seinem Sohn Nick Pschierer, der an der Nürnberger Kunstakademie studiert, entwickelt. Nick Pschierer hat eine Zeichnung entworfen und eine durchsichtige Acrylplatte gestaltet, auf der die Herrschaftsverhältnisse umkehrt werden: Jetzt hockt der Bärtige im geistlichen Habitus und barfuß vor dem hochaufgerichteten Native American. Der trägt Schuhe und einen Anzug. Neben ihm ist zu lesen: Jetzt hörst Du mal zu! „Denk-mal“ steht unter der neuen Bilddarstellung. Durch die Acrylplatte ist es möglich auf die ursprüngliche Darstellung des Reliefs zu blicken. Hans-Ulrich Pschierer sagt: „Es ist ein Versuch, die Bildsprache und die Botschaft kritisch zu brechen und Betrachter*innen anzuregen, die Problematik des Denkmals bzw. der Kolonialgeschichte zu reflektieren.“

Die Platte wurde zum Buß- und Bettag am Mittwoch, den 16. November über dem Relief am Löhe-Denkmal provisorisch angebracht. An diesem evangelischen Feiertag geht es um Besinnung und Nachdenken über fehlerhaftes Verhalten und Schuld. Aus diesem Grund fanden in allen Kirchengemeinden Gottesdienste statt. In St. Michael in Fürth setzten sich Pfarrer Hans-Ulrich Pschierer und Sergio Rios Carillo aus Nicaragua, ehemals Menschenrechtsbeauftragter bei Eine-Welt in Neuendettelsau, mit dem Thema Kolonialismus auseinander.

Hintergrundinfo

Der Buß- und Bettag ist ein evangelischer Feiertag, der immer elf Tage vor dem ersten Advent begangen wird, in diesem Jahr am Mittwoch, 16. November. Seit 1995 ist der Buß- und Bettag in Bayern wie in den meisten Bundesländern kein gesetzlicher Feiertag mehr. Er wurde abgeschafft um die Pflegeversicherung zu finanzieren.

Autor:

Arthur Kreklau aus Fürth

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