Haushaltsstreit geht weiter
Ampel-Koalition: Gibt es 2024 keinen Sommerfrieden?

Verteidigungsminister Pistorius hatte für seinen Wehretat deutlich mehr gefordert, als der Haushaltsentwurf nun vorsieht. | Foto: Kay Nietfeld/dpa
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BERLIN/FAIRBANKS (dpa) - Kaum gibt es eine Einigung im Haushaltsstreit, entbrennt die Debatte über Nachbesserungen. Der Verteidigungsminister macht seinem Unmut Luft. Der SPD-Generalsekretär hingegen träumt von - Ruhe.

Nach der Einigung der Ampel-Spitzen auf einen Haushaltsentwurf kritisiert Verteidigungsminister Boris Pistorius die geringen Steigerungen für die Bundeswehr deutlich. «Ja, ich habe deutlich weniger bekommen, als ich angemeldet habe. Das ist ärgerlich für mich, weil ich bestimmte Dinge dann nicht in der Geschwindigkeit anstoßen kann, wie es Zeitenwende und Bedrohungslage erforderlich machen», sagte Pistorius, der in Alaska die Übung Arctic Defender 2024 besuchte und dann zum Nato-Gipfel nach Washington weiterreisen wollte. Auch Generalinspekteur Carsten Breuer erwartet nun Garantien für eine deutliche Aufstockung in den kommenden Jahren. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hofft indes zumindest vorübergehend auf ein Ende der Haushalts-Debatte.

1,2 Milliarden Euro zu wenig?

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatten in der Nacht zum Freitag den seit Monaten schwelenden Haushaltsstreit beigelegt und sich auf Eckpunkte für den Bundeshaushalt 2025 geeinigt. Die Schuldenbremse wird eingehalten, eine Haushaltsnotlage etwa wegen der Ausgaben für die militärische und humanitäre Unterstützung der Ukraine wird nicht festgestellt. Dies war der FDP und ihrem Finanzminister Christian Lindner wichtig.

Der Verteidigungshaushalt von derzeit rund 52 Milliarden Euro soll demnach nur um etwa 1,2 Milliarden Euro aufwachsen. Pistorius hatte deutlich mehr und eine Ausnahme dieser Ausgaben von der Schuldenbremse gefordert. Daran gibt es deutliche Kritik, auch aus der Ampel-Koalition. Pistorius sagte zu dem Etatentwurf: «Wir werden sehen, was sich in den nächsten Wochen und Monaten weiter ergibt. Ich muss mich darauf einstellen und das Beste daraus machen.»

Neues Dilemma?

«Angesichts der Bedrohungslage brauchen wir eine Verstetigung», sagte Generalinspekteur Breuer der «Süddeutschen Zeitung». Das 100-Milliarden-Sondervermögen werde bis Ende des Jahres vertraglich komplett gebunden sein. Mit der Anschaffung von neuen Waffensystemen stiegen auch die Betriebskosten. «Was nützt neues Gerät, wenn die Soldaten es nicht betreiben können?» Er warnt, Russland könne sich um das Jahr 2029 herum auch gegen Nato-Staaten wenden, daher sei die Abschreckung so wichtig. «Die russischen Streitkräfte planen einen Aufwuchs auf 1,5 Millionen Soldaten, das sind mehr Soldatinnen und Soldaten als in der gesamten EU.»

Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): «Wir bräuchten eine Diskussion darüber, wie viel uns Sicherheit wert ist und worauf wir verzichten wollen, wenn wir die zwei Prozent langfristig im Haushalt verankern.» Gemeint ist die Vorgabe der Nato an ihre Mitgliedstaaten, mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben.

Ein bisschen Frieden?

Kühnert hingegen hofft in der Debatte nun erstmal auf Ruhe. «Konkrete Diskussionen über Korrekturen am Haushalt ergeben erst Sinn, sobald der ausgefertigte Haushaltsentwurf des Kabinetts beschlossen wurde. Das wird am 17. Juli der Fall sein», sagte Kühnert der Düsseldorfer «Rheinischen Post». «Zumindest bis dahin sollte der Berliner Politikbetrieb sich und den Menschen im Land eine kleine Sommerpause gönnen.»

Kühnert bezeichnet den Kompromiss der Ampel-Spitzen als «gute Grundlage» für die weiteren Haushaltsberatungen. «Selbstverständlich wird der Deutsche Bundestag im Herbst noch kleinere und größere Änderungen am Haushalt vornehmen, das ist ganz normal», sagte er der «Rheinischen Post». Der Bundestag soll sich dann im September erstmals mit dem Etat befassen. Die Beschlussfassung steht dort üblicherweise im November/Dezember an.

Schwierige Verhandlungen?

Die Grünen haben bereits deutlich gemacht, dass sie schwierige Verhandlungen im Bundestag erwarten, und zwar in mehreren Bereichen. Führende Finanz- und Haushaltspolitiker mahnten höhere Investitionen an. «Die Bahn muss besser finanziert werden», sagte der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler der «Süddeutschen Zeitung». Die Regierung müsse die Sanierung der wichtigsten Trassen garantieren. Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch sagte dem Blatt: «Deutschland kann sich kaputtsparen nicht leisten.» Alle Wege für mehr Investitionen müssten nun tatsächlich maximal ausgeschöpft werden, ob in den einzelnen Etats, bei der Bahn oder über die KfW.

Autor:

Victor Schlampp aus Schwabach

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