Darum werden Kriminelle nicht verurteilt
Auch in Bayern gibt es massive Probleme

Auch wenn jemand als tatverdächtig – etwa bei Einbruch – gilt, kann es sein, dass er in Deutschland ohne Strafe aus der Untersuchungshaft entlassen werden muss. | Foto: Paolese-stock.adobe.com (Symbolbild)
  • Auch wenn jemand als tatverdächtig – etwa bei Einbruch – gilt, kann es sein, dass er in Deutschland ohne Strafe aus der Untersuchungshaft entlassen werden muss.
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MÜNCHEN (dpa/lby) - Man stelle sich vor:  Die Polizei schnappt einen Tatverdächtigten. Doch trotz zahlreicher Hinweise, dass er schuldig sein könnte, wird er ohne Prozess aus der Untersuchungshaft entlassen: Genau das geschieht in den letzten Jahren immer öfters in Deutschland und auch in Bayern!

Gefängnisse in Bayern haben in den vergangenen beiden Jahren insgesamt 25 Verdächtige aus der Untersuchungshaft entlassen müssen, weil ihre Verfahren zu lange dauerten. Das teilte das bayerische Justizministerium auf Anfrage mit. Anfang der Woche hatte der Deutsche Richterbund (DRB) in der «Deutschen Richterzeitung» bundesweite Zahlen veröffentlicht: 2021 wurden demnach in Deutschland mindestens 66 Tatverdächtige aus dem Grund aus der U-Haft entlassen, 2020 seien es 40 solcher Entlassungen gewesen und 2019 mit 69 sogar noch etwas mehr als 2021.

Das bayerische Justizministerium meldete für das Vor-Corona-Jahr 2019 nur zwei solcher Fälle. 2018 lag mit 10 aber auch schon auf dem Niveau des ersten Corona-Jahres.

Massive Personalprobleme

«Die aktuellen Fälle von U-Haftentlassungen werfen erneut ein Schlaglicht auf die hohe Arbeitsbelastung vieler Gerichte und Staatsanwaltschaften», sagte DRB-Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn. «Es fehlt der Strafjustiz nach wie vor deutlich an Staatsanwälten und Strafrichtern, so dass sie selbst vorrangige Haftsachen nicht immer mit der rechtsstaatlich gebotenen Beschleunigung erledigen kann.» Zudem würden viele Verfahren aufwendiger, weil zum Beispiel die auszuwertende Datenmenge durch die Digitalisierung sprunghaft steige.

In Bayern fehlten nach Angaben des Justizministeriums zum Stichtag 31. Dezember 2021 Dutzende Richter und Staatsanwälte. Es gebe einen zusätzlichen Bedarf von rund 110 Richterstellen sowie 169 Stellen für Staatsanwälte.

Hintergrund der Fälle von Haftentlassungen ist das Beschleunigungsgebot in Haftsachen. Dieses Gebot besagt, dass die Justiz alles tun muss, um das Hauptverfahren möglichst schnell zu beginnen. Ist das nicht der Fall, kann eine Entlassung aus der U-Haft die Folge sein.

«Das Staatsministerium der Justiz nimmt das Thema «Beschleunigungsgebot in Haftsachen» sehr ernst», teilte ein Sprecher des Ministeriums mit. Das Thema sei «im Juli für eine Dienstbesprechung vorgesehen».

Autor:

Victor Schlampp aus Schwabach

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