Maskenpflicht: Geht das Verwirrspiel weiter?
Bundeskabinett will heute entscheiden

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) spricht auf dem Flug von Berlin nach Montreal mit Journalisten - und das ganz ohne Masken. | Foto: Kay Nietfeld/dpa
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BERLIN (dpa/vs) - Wer mit dem Öffentlichen Nahverkehr unterwegs ist, kennt das Problem: Eine Maskenpflicht gibt es zwar, aber deren Einhaltung wird kaum kontrolliert. Und dann ist noch die Frage, muss es eine FFP2-Maske sein, oder reicht auch eine medizinische? Das Bundeskabinett will heute nicht nur schärfere Corona-Schutzauflagen mit neuen Maskenpflichten in Deutschland billigen, sondern auch etwas mehr Transparanz bei den Regelungen schaffen.

Zum Schutz vor einer Corona-Herbstwelle soll es den Ländern ab Oktober beispielsweise wieder möglich werden, etwa in Geschäften Maskenpflicht zu verhängen. In Fernzügen und Flugzeugen sollen FFP2-Masken vorgeschrieben sein. Die geplanten Neuerungen gehen auf einen Entwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) von Anfang August zurück. Auf den Kabinettsbeschluss folgen die parlamentarischen Beratungen.

Privilegien für Politiker?

Vor dem Hintergrund der Kanadareise von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) geht indessen die Debatte über die Maskenpflicht in Fliegern weiter. Scholz und Habeck flogen zunächst zur letzten Station ihrer dreitägigen Kanada-Reise weiter - auf dem Weg von Toronto nach Neufundland galt an Bord des Regierungsfliegers erneut keine Pflicht, eine Maske zu tragen. Es gab nur eine Empfehlung. Die verpflichtenden PCR-Tests vor Beginn der Reise in Berlin am Sonntag waren zum Zeitpunkt des Abflugs mindestens 50 Stunden her.

Scholz verweist auf «klare Regeln»

Bilder vom Hinflug der beiden Regierungsspitzen nach Kanada hatten für Wirbel gesorgt. Darauf waren Habeck und eng beieinander sitzende Journalisten ohne Masken zu sehen. Laut einem Regierungssprecher gibt es auf den Flügen der Luftwaffe keine Maskenpflicht. Alle Teilnehmer der Reise müssen vor Antritt einen aktuellen negativen PCR-Test vorlegen.

Scholz verwies angesichts der Kritik auf «klare Regeln» für Regierungsflüge. Bei einer Pressekonferenz in Neufundland betonte er, man habe eindeutige Vorschriften, was die Flugbereitschaft betreffe. Der Kanzler äußerte sich auch mit Blick auf die Kabinettssitzung zum Infektionsschutzgesetz: Er sei froh über die sehr intensive und sehr rechtzeitige Vorbereitung der notwendigen Gesetzgebung, damit im Herbst die richtigen Entscheidungen getroffen werden könnten.

Maske auf Rückflug nur empfohlen

Scholz und Habeck sind inzwischen von ihrer Kanada-Reise nach Berlin zurückgekehrt. Sie landeten am Mittwochmorgen auf dem Hauptstadtflughafen. Wie auf den anderen drei Flügen während der dreitägigen Reise wurde an Bord der Regierungsmaschine anders als in Linienflügen nach Deutschland das Tragen einer Maske nur empfohlen, aber nicht zur Pflicht erklärt.

Ob Scholz und Habeck eine Maske trugen, ist unklar. Beide zeigten sich auf den Flügen von Toronto nach Neufundland und von dort weiter nach Berlin am Dienstag und Mittwoch nicht vor Journalisten.

FDP: Prüfen, ob Nachbesserungsbedarf besteht

Die FDP will nun noch einmal über Lockerungen bei Schutzmaßnahmen in Flugzeugen verhandeln. «Sobald das Kabinett die endgültige Fassung des Infektionsschutzgesetzes verabschiedet hat, werden wir uns mit unseren Koalitionspartnern absprechen und prüfen, wo Nachbesserungsbedarf besteht», sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr dem «Spiegel». Ähnlich äußerte er sich auch in der «Augsburger Allgemeinen».

Als Beispiel nannte Dürr die Debatte um die Maskenpflicht in Flugzeugen. Er fragte vor dem Hintergrund des Flugs der Luftwaffe: «Sollte es nicht beispielsweise auch auf kommerziellen Flügen Testausnahmen geben? Und wie sieht es eigentlich mit der europäischen Einheitlichkeit aus?»

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, Matthias von Randow, sagte zu der Ausgestaltung der Maskenpflicht in Flugzeugen zu «Bild»: «Eine Verschärfung der Maskenpflicht halten wir für nicht verhältnismäßig und nicht nachvollziehbar.» Da es sie in kaum einem anderen europäischen Land gebe, sei sie «heute schon nur schwer vermittelbar».

Der Verbandsgeschäftsführer bezog sich auf einen «Bild»-Bericht vom Vortag, nach dem künftig nur noch FFP2-Masken erlaubt sein sollen. Auch bislang dürfen Verkehrsmittel des Luftverkehrs laut Infektionsschutzgesetz nur mit Maske genutzt werden - neben einer FFP2-Maske ist aber auch eine medizinische Maske erlaubt.

Debatte um Ausnahmen und Forderung klarer Regeln

Eine weitere Änderung des Ursprungsentwurfs bezieht sich auf Ausnahmen für Maskenpflichten etwa in Restaurants, wie sie die Länder künftig verhängen können sollen. Geplante Ausnahmen für frisch Geimpfte und Genesene waren zunächst verpflichtend geplant. Nun sollen die Ausnahmeregelungen für Geimpfte und Genesene laut Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) gegenüber den Ursprungsplänen in eine Kann-Regelung für die Länder umgewandelt werden. Eine zwingende Ausnahme von der Maskenpflicht soll es demnach weiterhin nur dann geben, wenn die Person frisch getestet ist. Viele Bundesländer hatten die geplanten Ausnahmen kritisiert.

Laut dem Entwurf von Lauterbach und Buschmann soll es auch eine Masken- und Testpflicht in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen geben.

Der Wirbel um den Regierungsflug von Scholz und Habeck heizt die Debatten um die staatlichen Schutzauflagen insgesamt an. Die Regeln im Luftverkehr gerieten bereits am Dienstag in die Diskussion. FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff etwa schrieb bei Twitter, nach den Bildern von Scholz und Habeck könne es nicht bei der Maskenpflicht in «normalen» Flugzeugen bleiben. Der stellvertretende Unionsfraktionschef und ehemalige Gesundheitsminister Jens Spahn sagte in der Sendung «RTL Direkt», die Regeln müssten gleich sein: «Entweder für alle Maske oder für alle keine Maske.»

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, forderte generell vor allem eine klare Regelung zu Maskenpflichten: «Die Politik muss sich entscheiden, im Falle hoher Inzidenzen entweder eine generelle Maskenpflicht in Innenräumen und in öffentlichen Verkehrsmitteln für alle verpflichtend zu machen oder diese Schutzmaßnahme grundsätzlich der Eigenverantwortung der Menschen zu überlassen, so wie dies in vielen europäischen Ländern mittlerweile üblich ist», sagte er der «Rheinischen Post». «Aus Sicht der Krankenhäuser sollte es bei einer generellen Maskenpflicht bei hohen Inzidenzen bleiben. Wir brauchen nachvollziehbare Schwellenwerte für das Inkraftsetzen der Regelungen.»

Die neuen Corona-Maßnahmen sollen vom 1. Oktober an gelten. Die bisherigen Corona-Bestimmungen im Infektionsschutzgesetz laufen vorher aus. Bis dahin muss dann das Gesetzgebungsverfahren für die neuen Regeln durchlaufen sein.

Autor:

Victor Schlampp aus Schwabach

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