Regierung will das Grundgesetz ändern
Es geht um den Bevölkerungsschutz

Ein Feuerwehrwagen fährt zwischen Kosilenzien und Nieska im Landkreis Elbe-Elster an einem abgebrannten Wald vorbei.  | Foto: Julius-Christian Schreiner/dpa
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BERLIN (dpa) - Bei den vergangenen Corona-Wellen gab es das Problem, dass die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern nicht optimal funktioniert hat. Verschiedene Gesetze und Regelungen haben genzüberschreitende Maßnahmen verhindert und Teile der Bevölkerung verunsichert. Das will die Bundesregierung jetzt ändern. Doch das ist nicht so einfach!

Der von der Koalition vereinbarte Umbau des Bundesamts für Bevölkerungsschutz (BBK) zur Zentralstelle für Krisenlagen dürfte nicht ohne Grundgesetzänderung möglich sein. Zu diesem Ergebnis kommt der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einer Ausarbeitung, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Darin heißt es: «Der Bund kann somit ohne Verfassungsänderung auf dem Gebiet des Bevölkerungsschutzes und der Katastrophenhilfe keine Gesetze erlassen, die eine verpflichtende Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern vorsehen. Ebenso stehen ihm keine Weisungsbefugnisse gegenüber den Ländern zu, die für die Zentralstellen nach herrschender Meinung möglich sind.»

Mehr Naturkatastrophen, mehr Verantwortung

SPD, Grüne und FDP hatten unter dem Eindruck von Pandemie, Hochwasser und Waldbränden im vergangenen Herbst in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, der Bund müsse mehr Verantwortung für den Bevölkerungsschutz übernehmen. Wörtlich heißt es im Vertrag: «Daher richten wir das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BBK) neu aus, entwickeln es unter Berücksichtigung der föderalen Kompetenzverteilung zur Zentralstelle weiter und stellen es entsprechend personell und materiell auf.»

Bundesbehörden mit Zentralstellen-Funktion gibt es bereits. Allerdings bisher nur da, wo es um die Bekämpfung von Kriminalität und Extremismus geht: beim Bundeskriminalamt (BKA) und dem Bundesamt für Verfassungsschutz. In beiden Fällen ist diese Zuständigkeit im Grundgesetz geregelt.

Die Innenminister von Bund und Ländern hatten Anfang Juni zwar eine Vereinbarung zum Aufbau eines gemeinsamen Kompetenzzentrums Bevölkerungsschutz von Bund und Ländern in Bonn unterzeichnet.

Das mit Experten aus Bund und Ländern besetzte Zentrum soll einerseits länderübergreifend Informationen sammeln, etwa Wetterdaten zur schnellen Vorhersage bevorstehender Unwetterkatastrophen und Daten über die bundesweite Verfügbarkeit von Ressourcen wie Rettungshubschraubern oder Notunterkünften. Anderseits sollen in dem Zentrum auch Entscheidungen getroffen werden: Wie wird unter wessen Führung reagiert?

Wichtig war den Ländern allerdings, dass grundsätzliche Kompetenzen nicht verschoben werden: Der Bund trägt aktuell vor allem die Verantwortung für die Zivilverteidigung, etwa im Krieg - der Katastrophenschutz bleibt Ländersache.

FDP-Innenexperte: «Nicht länger an Egoismen scheitern»

Der FDP-Innenexperte Konstantin Kuhle findet das Beharren auf diesen hergebrachten Zuständigkeiten überholt. Er sagte der dpa: «Ein gut organisierter Katastrophenschutz darf nicht länger an den Egoismen unterschiedlicher staatlicher Ebenen scheitern. Bei jedem Terroranschlag ist man froh, dass das Bundeskriminalamt die Koordinierung übernimmt.» So müsse es in Zukunft auch bei extremen Wetterereignissen und anderen Katastrophen sein.

Für eine Grundgesetzänderung müssten die Länder allerdings mit ins Boot geholt werden. Denn dafür ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich, im Bundestag und im Bundesrat.

«Eine Zentralstelle für den Katastrophenschutz sollte im Grundgesetz verankert werden», forderte Kuhle. Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende sagte: «Es wird angesichts des Klimawandels, aber auch angesichts der fortdauernden Corona-Pandemie und vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine, Zeit, dass staatliche Strukturen auf aktuelle Herausforderungen reagieren.»

Faeser kündigt mehr mobile Versorgung an

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) strebt nach eigenen Worten besonders bei der Warnung der Bevölkerung und beim Ausbau der Kapazitäten zur Versorgung von Menschen in mobilen Notunterkünften schnelle Verbesserungen an. Im Gespräch mit der dpa sagte sie:
«Wir haben ein Container-System, das vielfältig einsetzbar ist für Unterbringung, medizinische Versorgung, komplett mit einem Trinkwasser- und Abwassersystem. Das setzen wir zur Zeit für ukrainische Kriegsflüchtlinge am alten Berliner Flughafen Tegel ein. Wir werden weitere dieser mobilen Module beschaffen, mit denen wir sehr schnell und flexibel helfen können.»

Autor:

Victor Schlampp aus Schwabach

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