Wachsender Antisemitismus
Israels Botschafter schlägt Alarm
BERLIN (dpa/mue) - Israels Botschafter Ron Prosor fordert eine entschlossenere Reaktion auf den wachsenden Antisemitismus in Deutschland.
«Die Tatsache, dass Juden Angst haben, mit einer Kippa auf die Straße zu gehen oder auf Hebräisch in ihre Handys zu sprechen, das kann einfach nicht sein. Wir müssen aufwachen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Leute, die Angst haben, ihre Kinder in die Schule zu bringen, wenn die Schule nicht geschützt wird: Das sind Verhältnisse, die nicht normal sind», mahnte Prosor, der seit 2022 Botschafter in Berlin ist. «Die Angst ist wirklich da.»
Seit dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober sind die antisemitischen Straftaten in Deutschland deutlich gestiegen: Das Bundeskriminalamt (BKA) verzeichnete alleine im Zusammenhang mit der Eskalation des Nahost-Konflikts bis zum 21. Dezember mehr als 1.100 Delikte im kriminalpolizeilichen Meldedienst für Fälle politisch motivierter Kriminalität, wie ein BKA-Sprecher der dpa auf Anfrage mitteilte. Es handele sich vor allem um Sachbeschädigungen und Volksverhetzungen. Das ist deutlich mehr als in jedem der ersten drei Quartale des Jahres 2023, zu denen das Bundesinnenministerium zuletzt im November Zahlen veröffentlicht hat. Danach wurden im ersten Quartal 558 antisemitische Straftaten registriert, im zweiten Quartal waren es 609 und im dritten 540. Diese Zahlen beinhalten alle Delikte - die links- und rechtsextremistisch motivierten ebenso wie die aus den Kategorien «religiöse Ideologie» und «ausländische Ideologie». Die über 1.100 Straftaten seit Anfang Oktober sind dagegen nur die im Zusammenhang mit der Eskalation des Nahost-Konflikts erfassten. Die Gesamtzahl dürfte also noch deutlich höher liegen.
Botschafter Prosor würdigt unterdessen das Vorgehen der deutschen Sicherheitsbehörden gegen Antisemitismus und wachsende Terrorgefahr. Mitte Dezember waren vier mutmaßliche Mitglieder der islamistischen Hamas in Berlin und im niederländischen Rotterdam festgenommen worden; den drei Verdächtigen aus Berlin - ein Ägypter und zwei geborene Libanesen - wirft die Bundesanwaltschaft vor, nach Waffen gesucht zu haben, die für mögliche Anschläge auf jüdische Einrichtungen in Europa bereitgehalten werden sollten. «Ich glaube, dass die deutschen Behörden die Gefahr kennen. Wir müssen wachsam bleiben, weil der internationale Terrorismus ständig aufrüstet», so Prosor. «Der Rechtsstaat muss den Terroristen immer einen Schritt voraus sein.»
Autor:Uwe Müller aus Nürnberg |
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