So will die Politik die Bürger entlasten
Verschiedene Parteien - verschiedene Vorschläge
BERLIN (dpa/vs) - In der Diskussion über weitere Entlastungen für Bürger und Unternehmen angesichts der hohen Energiepreise kommt ein erster formeller Forderungskatalog aus der SPD-Fraktion. Doch auch andere Parteien und Gruppierungen informieren über ihre Ideen.
So sieht der Beschlussentwurf für eine SPD-Fraktionsklausur unter anderem Direktzahlungen, eine Preisbremse für den Grundbedarf an Energie und ein bundesweites 49-Euro-Ticket vor.
Wegen der stark gestiegenen Preise von Energie und vielen Verbrauchsgütern waren bereits mehrere Entlastungsschritte beschlossen und teils bereits umgesetzt worden. Nun arbeitet die Bundesregierung an einem weiteren Paket. Am Dienstag und Mittwoch berät sie bei einer Kabinettsklausur im Gästehaus Schloss Meseberg nördlich von Berlin. Nach Angaben aus den Koalitionsparteien sollen neue Entlastungsschritte «zeitnah» (Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang) beziehungsweise «in wenigen Tagen» (SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert) vorgestellt werden.
Befürchtet wird, dass es ohne Entlastungen bei einem Energiemangel im Winter zu gesellschaftlichen Verwerfungen kommen, der Rückhalt für die von Russland angegriffene Ukraine bröckeln und eine Unterwerfung unter die Interessen des russischen Präsidenten Wladimir Putin Befürworter finden könnte.
Weil will Tankrabatt verlängern
Von Niedersachsens Ministerpräsidenten Stephan Weil kommt die Forderung, den am Mittwoch auslaufenden Tankrabatt zu verlängern. «Ich bin für die Fortsetzung», sagte der SPD-Politiker, der im Oktober wiedergewählt werden will, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Das helfe «vor allem Pendlern, die nun einmal viel unterwegs sein müssen».
Was schlägt nun das Papier der SPD-Fraktionsführung für die Fraktionsklausur am Donnerstag und Freitag vor, über das zuerst die «Süddeutsche Zeitung» berichtete und das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt?
- Eindämmung der Energiepreise: Strom-/Gaspreisbremse für den Grundbedarf. Aussetzen der anstehenden Erhöhung des CO2-Preises für zwei Jahre.
- Direktzahlungen (ähnlich dem zur Auszahlung anstehenden Energiegeld von 300 Euro): für Menschen mit wenig oder mittlerem Einkommen, Familien, Rentner, Studierende, Auszubildende und Empfänger von Arbeitslosengeld.
- Wohnen: Keine Strom- und Gassperren. Sechs Monate Kündigungsschutz für Mieter, die ihre Nebenkosten nicht zahlen oder Vorauszahlungen nicht leisten.
- Verkehr: Bundesweit gültiges ÖPNV-Ticket für monatlich 49 Euro, finanziert von Bund und Ländern je zur Hälfte. Allerdings dürften das viele Länder skeptisch sehen.
- Finanzierung: Eine Übergewinnsteuer «für jene Energieunternehmen, die von dieser Krise massiv profitieren», heißt es weiter. Allerdings dürfte das juristisch nur schwer sauber abzugrenzen sein.
Nouripour fordert Verbot von Gas- und Stromsperren
Grünen-Chef Omid Nouripour unterstützte Forderungen nach einem Verbot von Gas- und Stromsperren. «Wir haben ja an vielen Orten die Situation, dass Gasanbieter und Stromanbieter miteinander gar nicht reden. Und im schlechtesten Fall ist es nicht nur kalt, sondern auch dunkel. Und das darf nicht passieren», sagte er in der ARD. «Es gibt eine Reihe von Dingen und Vorschlägen, die auf den Tisch sind. Wir werden das ja zusammen miteinander diskutieren: Reform des Wohngeldes, des Bürgergeldes, ein höheres Kindergeld beispielsweise.» Auch für eine Nachfolgelösung für das Neun-Euro-Ticket machte er sich stark.
Beim Energiepreisdeckel muss es nach den Worten von Nouripours Co-Vorsitzender Ricarda Lang darum gehen, nicht die Energiepreise insgesamt zu deckeln, sondern nur einen Grundbedarf. «Da gibt es ein paar technische Fragen, die müssen auf jeden Fall geklärt sein. Nur zielgerichtet ist das umsetzbar», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. «Aber auf dem Tisch liegt das auf jeden Fall.»
Junge Union will Jugend entlasten
Der Vorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban, forderte ein Jugend-Energiegeld. Es solle «500 Euro betragen für Studenten und Azubis, ohne Unterscheidung der Art der Ausbildung», sagte er der «Rheinischen Post».
Aus Sicht des Sozialmediziners und ehemaligen Bundespräsidentenkandidaten der Linkspartei, Gerhard Trabert, reichen die bisherigen Entlastungspakete bei Weitem nicht. «Wir sind ein reiches Land, wir können handeln. Wenn wir es trotzdem nicht tun, dann ist das auch eine Form von struktureller Gewalt», sagte er der «Süddeutschen Zeitung». «Der Hartz-IV-Satz müsste so schnell wie möglich um 200 Euro monatlich angehoben werden. Es müsste Hilfen für Schulmaterial geben, Studierende müssen finanziell unterstützt werden. Mieten müssen gedeckelt und die Menschen vor Räumungsklagen geschützt werden.»
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.