„Antiquiertes Steuermodell“
Ehegattensplitting statt Elterngeld abschaffen?

Symbolfoto: Fernando Gutierrez-Juarez/dpa
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BERLIN (dpa/mue) - Im Koalitionsstreit über Einsparungen beim Elterngeld schlägt der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil stattdessen die Abschaffung des Ehegattensplittings für neue Ehen vor.

«Wir schaffen endlich das Ehegattensplitting ab. Damit würden wir dem antiquierten Steuermodell, das die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau begünstigt, ein Ende setzen. Und der Staat würde Geld sparen», sagte Klingbeil dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Was ist Ehegattensplitting?

Ehegattensplitting bezeichnet das Verfahren, nach dem Ehepaare und Lebenspartnerschaften besteuert werden, die keine Einzelveranlagung wählen. Dabei wird das gemeinsame Einkommen halbiert, die darauf entfallende Einkommensteuer berechnet und die Steuerschuld anschließend verdoppelt. Das nützt vor allem Paaren, bei denen einer viel und der andere wenig verdient. Den Staat kostet das laut Bundeszentrale für politische Bildung von 2020 jährlich 20 Milliarden Euro. Von der OECD und der EU-Kommission wurde Deutschland öfter für das Ehegattensplitting kritisiert - mit dem Argument, dass es Frauen vom Arbeitsmarkt fernhalte. Klingbeil: «Ich bin dafür, dass höhere Einkommen mehr schultern und mehr Verantwortung tragen. Aber Verteilungsfragen klärt man über die Steuerpolitik, nicht über das Elterngeld», sagte Klingbeil. Das Elterngeld sei keine Sozialleistung, sondern solle Männer motivieren, mehr Verantwortung in der Familie zu übernehmen.

Was beim Elterngeld geplant ist

Elterngeld erhalten bisher Paare, deren gemeinsam zu versteuerndes Einkommen unter 300.000 Euro liegt. Im Zuge der Haushaltsplanung für das kommende Jahr und den von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) forcierten Ausgabenkürzungen zur Schuldenbegrenzung plant Familienministerin Lisa Paus (Grüne), die Grenze auf 150.000 Euro zu senken.

Wie die FDP das findet

Die FDP kritisiert dies und schlägt eine andere Aufteilung der Leistung vor - stößt bei Paus damit aber bereits auf Ablehnung. Der FDP-Vizevorsitzende Johannes Vogel sagte in der Fernseh-Talkshow «Anne Will»: «Ich finde es falsch, wenn wir jetzt einfach das Elterngeld mit dem Rasenmäher abrasieren, auch in einem Bereich, wo wir reden über Ingenieurinnen und Ingenieure, Ärzte.» Der Parlamentsgeschäftsführer unterstützte einen Vorschlag aus seiner Partei, von den Paaren eine stärkere zeitliche Angleichung ihrer Elternmonate zu verlangen - wenn das nicht geschieht, soll nur ein Partner Elterngeld erhalten. Darüber hinaus habe Paus auch «im Bereich der zahlreichen Förderprogramme noch ein gewisses Einsparpotenzial», sagte Vogel.

Was die Ministerin davon hält

Paus wies dies in der Sendung sogleich zurück. «Wenn das mit der Partnerschaftlichkeit funktioniert, dann ist das keine Kürzung», sagte sie. «Deswegen kann ich das auch nicht vorschlagen.» Alternative Sparmöglichkeiten wären nach ihren Worten nur Kürzungen beim Unterhaltsvorschuss für allein lebende Frauen, deren Partner seiner Zahlungspflicht nicht nachkommt, und beim Kinderzuschlag. Beides will sie nicht, wie Paus deutlich machte. Bei den freien Programmen kürze sie bereits, deshalb werde es etwa weniger Möglichkeiten für Freiwilligendienste geben. «Ich bin offen für bessere Vorschläge - aber ich habe mir das angeschaut und bin unter all diesen schlechten Varianten zu der aus meiner Sicht besten Variante gekommen», erklärte Paus mit Blick auf die Streichung des Elterngelds für Vielverdiener. «So werde ich das jetzt auch einbringen.»

Wie es weitergeht

Angesichts des abermals offen ausgetragenen Koalitionsstreits bei dem Thema machte Vogel deutlich, dass er auch in Zukunft mit öffentlichen Streitigkeiten rechnet. Zwar gab er zu, dass die Koalition im Stil besser werden müsse. Aber: «Vielleicht müssen wir uns auch daran gewöhnen, dass Debatten inhaltlich - das eine ist ja Stil, das andere Inhalt -, inhaltlich öffentlicher stattfinden als in Koalitionen alter Art.» Das müsse ja auch «nichts Schlechtes sein (...) wenn am Ende ein gutes Ergebnis steht».

Autor:

Uwe Müller aus Nürnberg

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