CSU ab Herbst 2025 nicht mehr im Bundestag?
Ampel-Mehrheit will Wahlrechtsreform beschließen
BERLIN (dpa/vs) - Wenn die geplante Wahlrechtsreform in der aktuellen Fassung beschlossen wird, dann wären CSU und Linke im nächsten Bundestag möglicherweise nicht mehr vertreten. Beide Parteien wollen Verfassungsklage einreichen. Das sind die Hintergründe:
Die Ampel-Koalition wird die von Union und Linkspartei strikt abgelehnte Wahlrechtsreform voraussichtlich mit ihrer eigenen Mehrheit am Freitag im Bundestag beschließen. Bei Abstimmungen in den Fraktionen stimmten die Abgeordneten von Grünen und FDP jeweils einstimmig und die der SPD mit überwältigender Mehrheit zu. Das teilten die Fraktionschefs Rolf Mützenich (SPD), Britta Haßelmann (Grüne) und Christian Dürr (FDP) im Anschluss mit. Union und Linke kündigten Verfassungsklagen gegen die Reform an.
Durch die Reform wird der auf 736 Abgeordnete angewachsene Bundestag bei der nächsten Wahl wieder auf 630 Mandate verkleinert. Zentral ist, dass es künftig keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr geben wird. Gestrichen wird auch die sogenannte Grundmandatsklausel. Sie bewirkt, dass eine Partei auch dann nach ihrem Zweitstimmenergebnis in den Bundestag einzieht, wenn sie zwar die Fünf-Prozent-Hürde verfehlt, aber mindestens drei Direktmandate gewonnen hat.
Linken und CSU droht das Aus
Auf diese Weise wäre die Linke heute nicht im Bundestag vertreten, weil sie bei der Bundestagswahl 2021 nur 4,9 Prozent der Zweitstimmen holte. Die CSU kam bundesweit auf 5,2 Prozent, was historisch schlecht war. Wäre sie unter die Fünf-Prozent-Hürde gerutscht, dann hätte sie nach dem neuen Modell keines der 45 errungenen Direktmandate bekommen.
Die Ampel-Fraktionschefs nannten die Reform übereinstimmend «fair und verfassungsgemäß» und machten deutlich, dass sie einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht gelassen entgegensehen. Zugleich appellierten sie an die Union, der Reform doch noch zuzustimmen.
Merz: «Verfassungsrechtliche Überprüfung geboten»
Dies ist jedoch unwahrscheinlich. Unionsfraktionschef Friedrich Merz sagte in Berlin, wenn es im Bundestag eine Mehrheit für die Pläne geben sollte, «ist aus meiner Sicht eine verfassungsrechtliche Überprüfung in der Tat geboten». Er werde seiner Fraktion vorschlagen, die Pläne am Freitag abzulehnen. Die Unionsfraktion werde für den Fall eines entsprechenden Bundestagsbeschlusses in der nächsten Sitzungswoche Ende März eine Entscheidung über eine mögliche Klage treffen, kündigte der CDU-Vorsitzende an.
CSU-Parteichef Markus Söder sieht mit dem Entwurf der Ampel-Koalition zu einem neuen Bundeswahlrecht sogar die Existenz seiner Partei infrage gestellt. Der Entwurf, der am Freitag vom Bundestag beschlossen werden soll, sei «ein dicker Hund», sagte er in München. Auch Söder kündigte an, im Zweifel dagegen klagen zu wollen.
Auch die Linksfraktion will nach Karlsruhe ziehen. «Ich sage ganz klar: Da werden wir auch das Bundesverfassungsgericht bemühen», sagte der Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch den Sendern RTL/ntv. Man werde alles versuchen, dass dieses Gesetz so nicht Realität werde - letztlich sei dieses ein Angriff auf die Demokratie.
«Eine Reform an uns selbst»
«Ich bin sehr froh darüber, dass wir am Freitag das auch einlösen, was wir den Bürgerinnen und Bürgern versprochen haben», betonte dagegen Mützenich. «Wir bringen die Kraft auf, eine Wahlrechtsreform auf den Weg zu bringen, eine Reform an uns selbst», sagte Haßelmann. Das sei gerade in dieser krisenhaften Zeit wichtig, in der die Politik den Menschen viel abverlange. Dürr versicherte mit Blick auf den wieder schrumpfenden Bundestag: «Alle Fraktionen des Hauses tragen zu dieser Verkleinerung gleichermaßen bei.»
Die Ampel-Vertreter berichteten, selbst am Montagabend habe man noch versucht, mit der demokratischen Opposition eine Einigung zu finden. Dies sei leider nicht gelungen.
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