Lobby oder Politik: Wer macht unsere Gesetze?
Die Ampel-Regierung will für mehr Transparenz sorgen

Viele Lobbyisten versuchen die Politik der Bundesregierung zu ihren Gunsten zu beinflussen. | Foto: CrazyCloud-stock.adobe.com (Symbolbild)
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BERLIN (dpa/vs) - Die Bürgerbewegung Finanzwende kritisiert den Einfluss der Finanzbranche auf die Politik der Bundesregierung. Kurios dabei: Auch die Bürgerbewegung ist im Register als Lobbyist eingetragen. Die Frage stellt sich, wer macht eigentlich unsere Gesetze, und was tut die Ampel-Koalition, um mehr Transparenz zu schaffen?

Banken, Versicherungen und andere Akteure der Finanzbranche versuchen, mit Millionenaufwand und Hunderten Lobbyisten Einfluss auf Gesetze im Bundestag zu nehmen.

Nach einer Auswertung der Bürgerbewegung Finanzwende ist keine andere Branche unter den 100 finanzstärksten Lobbyakteuren so stark vertreten wie die Finanzbranche. Das gehe aus dem öffentlich einsehbaren Lobbyregister des Bundestags hervor, erklärte der Verein. Demnach sind 11 der 100 Lobbyakteure mit den größten Budgets Banken, Versicherungsunternehmen und Investmentgesellschaften.

Die im öffentlichen Auftreten ebenfalls mächtige Autobranche ist mit sechs Einträgen unter den 100 finanzstärksten Lobbyisten vertreten, der Energiesektor mit neun Einträgen. Zusammen geben die Top-10-Konzerne und -Verbände der Finanzlobby der Auswertung von Finanzwende zufolge im Jahr mehr als 42,5 Millionen Euro für Kontaktpflege und den Versuch der Beeinflussung von Politik aus.

Verhaltenscodex für Lobbyisten

Das Lobbyregister wird seit einem Jahr auf der Internetseite des Deutschen Bundestags geführt. Es soll sichtbar machen, wer Einfluss auf politische Entscheidungen und die Gesetzgebung nimmt. Professionelle Interessenvertreter müssen sich dort eintragen - Ausnahmen gibt es derzeit für Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und Kirchen.

Die Lobbyisten müssen Angaben unter anderem über ihre Auftraggeber und Themenfelder sowie zum personellen und finanziellen Aufwand ihrer Lobbytätigkeit bei Bundestag und Bundesregierung machen. Sie sind verpflichtet, sich an einen vorgegebenen Verhaltenskodex zu halten. Bei Verstößen dagegen droht ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro.

Innerhalb eines Jahres haben sich im Register mehr als 5500 Unternehmen, Verbände, Organisationen, Netzwerke, Einzelpersonen und andere angemeldet. Die Zahl der benannten Beschäftigten, die die Interessenvertretung unmittelbar ausüben, liegt bei mehr als 13.000.

«Gerade die Finanzlobby profitiert erheblich davon, dass sie ihren Einfluss im Verborgenen ausübt», sagte Finanzwende-Geschäftsführer Daniel Mittler. «Das Lobbyregister ist ein guter Anfang, um Deals in Hinterzimmern etwas entgegenzusetzen – die Vorschriften sind aber längst nicht streng genug.»

Versicherungsbranche ganz vorne

Spitzenreiter bei den Lobbyausgaben ist laut Finanzwende der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Er vertritt die Interessen von Versicherungsunternehmen und investierte im Jahr 2021 dafür rund 15 Millionen Euro. Bis zu 150 Lobbyisten zogen für den GDV die Strippen.

Das Register enthalte zahlreiche vorher unzugängliche Informationen, lobte Finanzwende. Dazu gehörten nicht nur Angaben zu Lobbybudgets, sondern auch die Sichtbarkeit von Netzwerken. So sei etwa die Deutsche Bank Mitglied in 57 Organisationen - darunter naheliegende wie der Bankenverband, aber auch etwa der Bundesverband Windenergie, die Atlantik-Brücke und die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft.

Noch immer aber würden nicht alle Lobby-Kontakte angegeben. So hätten sich Finanzminister Christian Lindner (FDP) und seine Staatssekretäre mehrfach mit Vertretern von Banken getroffen, die nicht im Lobbyregister auftauchten, kritisierte Finanzwende. Die staatliche Förderbank KfW stehe ebenfalls nicht im Register, obwohl sich Vertreter regelmäßig mit Ministern und Abgeordneten träfen.

Lückenhafte Angaben

Finanzwende beklagte zudem, im Auftrag arbeitende Lobbyagenturen müssten keine weiteren Angaben zu ihren Auftraggebern, Volumen und Zielen machen. Außerdem fehlten im Register Angaben dazu, auf welche Gesetze und Entscheidungen die Arbeit eines Lobbyakteurs konkret ziele sowie schärfere Regeln für Seitenwechsler.

Die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP haben sich in ihrem Koalitionsvertrag eine Nachschärfung des von der Vorgängerregierung eingeführten Registers vorgenommen. Unter anderem soll ein sogenannter exekutiver und legislativer Fußabdruck eingeführt werden: Allen neuen Gesetzen soll entnehmbar sein, welche Interessenvertreter darauf Einfluss genommen haben. Bislang ist das jedoch noch nicht angestoßen.

Auch die Bürgerbewegung Finanzwende, die die Lobbyarbeit der Branche auswertete, ist im Register als Lobbyist eingetragen. Angegeben ist ein Budget von 450.000 bis 460.000 Euro im Jahr, bei bis zu 20 Beschäftigten «im Bereich der Interessenvertretung».

Autor:

Victor Schlampp aus Schwabach

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