Klimakleber und Straftaten
Greift die Bundesregierung bald härter gegen Blockaden und Sachbeschädigungen durch?

Farbattacken und Straßenblockaden: Die Behörden werfen der Letzten Generation mittlerweile einige hundert Straftaten vor. | Foto: Paul Zinken/dpa
  • Farbattacken und Straßenblockaden: Die Behörden werfen der Letzten Generation mittlerweile einige hundert Straftaten vor.
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BERLIN (dpa/vs) - Sie selbst sehen sich als auserwählte Klimaschützer, verteidigen ihre Aktionen als Notwehr gegen eine Regierung, welche ihrer Pflicht die Bevölkerung vor den Folgen der Erderwärmung zu schützen nicht nachkomme. Gegnerinnen und Gegner werfen ihnen dagegen kriminelle Handlungen vor. Jetzt haben die Sicherheitsbehörden Zahlen vorgelegt. Wird die Bundesregierung bald härter gegen die Klimakleber durchgreifen?

Die Sicherheitsbehörden ordnen den Klimaschutz-Aktivisten der Gruppe Letzte Generation 580 Straftaten zu. «740 Personen sind polizeilich in Erscheinung getreten», sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) der «Bild am Sonntag».

Faeser bezog sich auf den Zeitraum seit Anfang 2022 und berief sich auf das erste Lagebild des Bundeskriminalamts zu der Gruppe. «Es geht vor allem um Nötigungen und Sachbeschädigungen.»

Faeser kritisierte die Proteste der Gruppe: «Wir akzeptieren nicht, dass Aktivisten die Rechte anderer verletzen. Dem Klimaschutz nutzt das überhaupt nichts, im Gegenteil: Die Aktivisten schaden der Akzeptanz massiv.»

Sie verteidigte das Einschreiten der Polizei und Verurteilungen von Aktivisten. «Das ist richtig.» Zugleich betonte sie: «Zwischen Straftätern und Extremisten gibt es aber Unterschiede.»

Die Gruppe hat vor allem mit Straßenblockaden mittels angeklebter Aktivisten und mit Angriffen auf Kunstwerke Aufmerksamkeit auf sich gelenkt und erklärt, im Namen des Klimaschutzes zu handeln. Die Aktivisten verlangen einen sogenannten Gesellschaftsrat, der das Ende der Nutzung fossiler Brennstoffe in Deutschland bis 2030 planen soll. Außerdem fordern sie Tempo 100 auf Autobahnen und ein 9-Euro-Ticket.

Die Vorsitzende der Innenministerkonferenz, die Berliner Senatorin Iris Spranger (SPD), will die Straßenblockaden auf dem Mittwoch beginnenden Treffen der Innenressortchefs zum Thema machen.

Berlin sei als Hauptstadt mit den Bundesministerien besonders stark betroffen, erklärte Spranger. Das habe «zu erheblichen Behinderungen im Straßenverkehr geführt, so dass auch verstärkt Einsatzfahrten von Rettungsfahrzeugen betroffen» seien.

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union, Andrea Lindholz, wertete die Zahlen als Beleg, dass es sich bei der Letzten Generation nicht um eine «harmlose Gruppe» handele. «Sie hält vielmehr die Bevölkerung seit über einem Jahr bundesweit in Atem», betonte die CSU-Politikerin am Sonntag. Lindholz rief Faeser und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) auf, zeitnah einen konkreten Vorschlag für eine Strafrechtsverschärfung vorzulegen. «Diese sollten vor allem die Straftatbestände des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und der gemeinschädlichen Sachbeschädigung betreffen», forderte Lindholz.

Haft- und Geldstrafen verhängt

Zuletzt hatte die Letzte Generation gezielte Aktionen gegen Reiche angekündigt, die sie «in erster Linie» für den Klimawandel verantwortlich macht. Auf der Nordseeinsel Sylt besprühte sie einen Privatjet sowie Foyer und Bar eines Fünf-Sterne Hotels mit Farbe.

Am 24. Mai hatten rund 170 Beamte bei einer Razzia gegen die Letzte Generation Wohnungen und Geschäftsräume in sieben Bundesländern durchsucht. Der Tatvorwurf gegen die Mitglieder lautet auf Bildung beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Die Aktivisten bestreiten, kriminell zu sein. Die Razzia wurde von einigen als übertrieben kritisiert. Die Gruppe beklagte, ihre Mitglieder fühlten sich wie «Schwerverbrecher behandelt».

Einige Mitglieder der Letzten Generation standen bereits vor Gericht. So wurden am 1. Juni in München drei Aktivisten zu Geldstrafen verurteilt, nachdem sie bei einem Fußballspiel des FC Bayern gegen Borussia Mönchengladbach aufs Spielfeld gelaufen waren. Bereits im April wurde in Berlin eine Aktivistin zu vier Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt, weil sie sich am Holzrahmen eines Gemäldes von Lucas Cranach dem Älteren (1472-1553) festgeklebt hatte und an Straßenblockaden beteiligt war.

Autor:

Victor Schlampp aus Schwabach

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