Haftentschädigung in Bayern
So viel Geld gibt es für jeden Tag im Gefängnis
MÜNCHEN (dpa/vs) - Wer beispielsweise unschuldig im Gefängnis sitzt und das Glück hat, dass seine Unschuld irgendwann nachträglich festgestellt wird, hat einen Anspruch auf Entschädigung. Doch wie hoch ist dieser, und wie hoch war die Summe aller Entschädigungsleistungen, die der bayerische Staat 2021 an Opfer ausgezahlt hat?
Bayern zahlt pro Jahr rund eine Million Euro Entschädigung für Menschen, die beispielsweise zu Unrecht in Haft oder Untersuchungshaft saßen oder ungerechtfertigt festgenommen wurden. 2021 waren es rund 1,4 Millionen Euro, die nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen ausgezahlt wurden, wie das Justizministerium auf Anfrage in München mitteilte. In den beiden Jahren davor waren es jeweils etwa eine Million Euro.
Die Zahlungen umfassen dabei nicht nur Entschädigungen für eine Haft, die sich im Nachhinein als ungerechtfertigt herausstellt, sondern beispielsweise auch Schäden aus der Untersuchungshaft, bei ungerechtfertigter einstweiliger Unterbringung oder vorläufigen Festnahmen.
Derzeit macht der Fall eines Mannes Schlagzeilen, der wegen des sogenannten «Badewannen-Mordes» möglicherweise zu Unrecht mehr als 13 Jahre lang im Gefängnis saß.
Manfred G. wurde Mitte August nach 4912 Tagen aus der Haft entlassen, weil es erhebliche Zweifel daran gibt, dass er den Mord, für den er verurteilt wurde, tatsächlich begangen hat. Die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen den inzwischen 62-Jährigen wurde angeordnet.
Sollte er in diesem Verfahren freigesprochen werden, stehen ihm nach Angaben des Justizministeriums 75 Euro Entschädigung pro Tag zu. Das wären dann insgesamt 368.400 Euro. Bis vor einigen Jahren lag der Satz nur bei 25 Euro pro Tag. Rund 13333 Tage oder etwa 36,5 Jahre würde es - wenn man die 75 Euro pro Tag ansetzt - dauern, bis die Millionen-Euro-Grenze erreicht wäre.
Im Falle des sogenannten "Badewannen-Mordes" könnte der Veruteilte zusätzlich zur Haftentschädigung auch noch materiellen Schaden geltend machen, beispielsweise wegen Verdienstausfalls. Sollte er den bekommen, könnten allerdings unter Umständen Kosten für Unterbringung und Logis davon abgezogen werden - das allerdings nur, wenn er außerhalb des Gefängnisses keine Wohnung mehr unterhalten musste, wie ein Ministeriumssprecher erläuterte.
G. ist verheiratet und Vater von drei Kinder, von denen eines erst zwei Jahre alt und das jüngste noch nicht einmal auf der Welt war, als er verurteilt wurde.
Jahrelang kämpfte G. für die Wiederaufnahme seines Verfahrens. Erfolg haben solche Bemühungen selten, genaue Zahlen liegen nicht vor. Rund 2900 Anträge auf ein Wiederaufnahmeverfahren zugunsten des jeweiligen Angeklagten wurden seit 2009 an bayerischen Amts- und Landgerichten gestellt, wie das Ministerium mitteilte. Wie viele dieser Anträge Erfolg hatten, wird nach Ministeriumsangaben nicht statistisch erfasst.
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