Druck auf Ampel
Union fordert Veto gegen Cannabis-Gesetz

Symbolfoto: Fabian Sommer/dpa
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BERLIN (dpa/mue) - Kurz vor der Bundestagsabstimmung über die umstrittene teilweise Legalisierung von Cannabis in Deutschland hat die Union die Abgeordneten der Ampel-Koalition aufgefordert, gegen das Vorhaben zu votieren.

Der gesundheitspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Tino Sorge (CDU), sagte der «Rheinischen Post»: «Ich appelliere an die Kolleginnen und Kollegen der Ampel: Stimmen Sie am Freitag gegen dieses Gesetz. Stoppen Sie dieses verantwortungslose Projekt.» Auch der Richterbund macht Stimmung gegen die Pläne und warnt vor einer Überlastung der Justiz.

Der Bundestag soll die kontrollierte Freigabe mit zahlreichen Regeln beschließen; Besitz und Eigenanbau bestimmter Mengen sollen damit für Volljährige vom 1. April an erlaubt sein. Zum 1. Juli sollen Clubs zum nicht-kommerziellen Anbau möglich werden. Auch aus der mitregierenden SPD wurden weiter Einwände laut: Mehrere SPD-Abgeordnete haben bereits angekündigt, gegen den Gesetzentwurf stimmen zu wollen. Sorge sagte, die Koalitionäre müssten auf die Warnungen der eigenen Fachpolitiker hören. Die aktuelle Situation sei zwar problematisch, «... ein völlig untaugliches und hochgradig gefährliches Gesetz kann aber nicht die Antwort sein.» Für einen neuen Anlauf, der die Kritik der etablierten Experten aufgreife, stünde die Union bereit.

Warnung vom Richterbund

Derweil warnte der Deutsche Richterbund vor einer massiven Überlastung der Justiz durch die im Gesetz vorgesehene Amnestie-Regelung. «Die Justiz rechnet bundesweit mit mehr als 100.000 Akten, die im Falle des geplanten rückwirkenden Straferlasses bei Cannabis-Delikten nochmals zu überprüfen sind», sagte der Bundesgeschäftsführer des Richterbunds, Sven Rebehn, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Allein beim Amtsgericht Köln seien es mehr als 10.000 Fälle. «Die dort zuständigen fünf Richter gehen von einer durchschnittlichen Bearbeitungszeit von mindestens einer Stunde pro Fall aus, sodass die Prüfung bei 2.000 Fällen pro Kopf und 40 Wochenstunden rechnerisch 50 Wochen oder ein Jahr bräuchte», sagte Rebehn.

Für die Staatsanwaltschaften bedeute das Cannabisgesetz konkret, «dass sie alle Strafakten mit Bezug zum Betäubungsmittelgesetz nochmals händisch daraufhin auswerten müssen, ob die betroffenen Sachverhalte nach der neuen Rechtslage straflos wären», sagte Rebehn. Auch auf die Gerichte komme deshalb eine enorme Zusatzbelastung zu. Nach Inkrafttreten des Gesetzes soll es auch eine Amnestie von Verurteilungen für Fälle geben, die künftig erlaubt sind.

Clubs rechnen mit Boom

Der Dachverband deutscher Cannabis Social Clubs (CSCD) rechnet nach einer Cannabis-Legalisierung mit einem wahren Boom neuer Clubs. «Ich gehe davon aus, dass wir binnen Jahresfrist in Deutschland 3.000 oder sogar 4.000 Clubs haben werden», sagte der Vorsitzende des Verbandes, Steffen Geyer, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Derzeit gebe es bereits rund 300 bis 350 Gruppen, die in der Gründungsphase für einen Club seien oder jetzt nur noch darauf warteten, dass das Gesetz endlich in Kraft trete. Erlaubt werden sollen laut Gesetzentwurf «Anbauvereinigungen»; also so etwas wie Clubs für Volljährige, in denen bis zu 500 Mitglieder mit Wohnsitz im Inland Cannabis gemeinschaftlich anbauen und untereinander zum Eigenkonsum abgeben - pro Tag höchstens 25 Gramm Cannabis je Mitglied und im Monat höchstens 50 Gramm. Die Clubs sind als nicht kommerzielle Vereine zu organisieren und brauchen eine Erlaubnis, die befristet gilt. Die Bundesregierung geht in ihrem Gesetzentwurf davon aus, dass es im ersten Jahr nach dem Inkrafttreten 1.000 Anbauvereinigungen geben werde und in den Folgejahren jeweils ein Plus von 500 dieser Vereine. Diese Schätzung wurde auch von den Bundesländern als zu niedrig bezeichnet.

Künftig erlaubt werden soll für Erwachsene ab 18 Jahren grundsätzlich der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. In der eigenen Wohnung sollen drei lebende Cannabispflanzen legal werden und einer Änderung zufolge bis zu 50 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. Der öffentliche Konsum soll unter anderem in Schulen, Sportstätten und in Sichtweite davon verboten werden - konkret in 100 Metern Luftlinie um den Eingangsbereich. Spätestens 18 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes soll es eine erste Bewertung unter anderem dazu vorliegen, wie es sich auf den Kinder- und Jugendschutz auswirkt.

Autor:

Uwe Müller aus Nürnberg

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