Deutsche Hotels haben Angst vor der Zukunft
Viele Gäste müssen 2024 mit massiven Preissteigerungen rechnen

Michael Heinzler betreibt ein Hotel am Bodensee. Im kommenden Jahr wird er die Preise um 16 bis 18 Prozent erhöhen. | Foto: Felix Kästle/dpa
  • Michael Heinzler betreibt ein Hotel am Bodensee. Im kommenden Jahr wird er die Preise um 16 bis 18 Prozent erhöhen.
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Von Aleksandra Bakmaz und Robin Wille, dpa
IMMENSTAAD (dpa) - Normalerweise ist Michael Heinzler ein sehr optimistischer Mensch. Doch das kommende Jahr besorgt den Hotelbesitzer aus Immenstaad am Bodensee. Der 51-Jährige wird die Preise in seinem Hotel um 16 bis 18 Prozent erhöhen. Die Inflation, gestiegene Betriebskosten und die Rückkehr in der Gastronomie zu einer Mehrwertsteuer von 19 statt 7 Prozent würden die Preise in die Höhe treiben.

Wie die Gäste auf die Preissteigerungen ab dem 1. Januar reagieren würden, könne er nicht sagen. «Die Situation gab es noch nie», sagt Heinzler, der in seinem Haus mit 34 Zimmern und Suiten am Seeufer ein Angebot für große und kleinere Geldbeutel liefern will.

«Herausfordernde Zeiten»

So wie dem Hotelier am Bodensee geht es gerade vielen in Deutschland. «Es sind herausfordernde Zeiten», sagt Tobias Warnecke, Geschäftsführer des Hotelverbandes Deutschland. In der Pandemie habe die Branche in den Abgrund geschaut. Langsam sei es aufwärtsgegangen, doch dann sei der Ukraine-Krieg gekommen. «Wir sind von der einen Krise in die nächste gerutscht.»

Nach heftigen Einbrüchen 2020 und 2021 hinkt die Branche bei den Umsätzen noch immer dem Vor-Krisen-Niveau hinterher. Hotels und andere Beherbergungsunternehmen verzeichneten nach Angaben des Statistischen Bundesamts in den ersten drei Quartalen des Jahres preisbereinigt im Vergleich zum Vorkrisenzeitraum ein Minus von 6,7 Prozent. Bei den Gästeübernachtungen näherten sich die Betriebe in diesem Jahr dem Vor-Corona-Niveau wieder an. Im Mai und September lag die Branche sogar über den Werten von 2019. Die Rentabilität in der Hotellerie sei schon immer relativ gering gewesen, sagt Warnecke. «Es blieb nie wirklich viel über.»

Stephanie Zarges-Vogel vom Hotelberatungsunternehmen Zarges von Freyberg sagt, es sei durchaus möglich, schwarze Zahlen zu schreiben. Aber man müsse sich daran gewöhnen, dass trotz gestiegener Umsätze beim Ergebnis nicht unbedingt viel mehr herauskommt. Die Marge habe sich wegen der deutlich gestiegenen Kosten deutlich nach unten verschoben.

«Noch nie so schwer planbar»

Die Hotellerie sei stark von Unsicherheit und schwerer Planbarkeit geprägt, sagt Zarges-Vogel. «Ich glaube, es war noch nie so schwer planbar.» Schwierig hätten es künftig Hotels ohne klares Konzept und ohne starke Positionierung. Auch für Hotels im mittleren Bereich werde es schwierig. «Günstig und sehr teuer funktioniert, aber die Mitte ist schwierig darstellbar», sagt Zarges-Vogel.

Das Preis-Leistungs-Verhältnis sei in Deutschland schon immer sehr gut gewesen, heißt es vom Geschäftsführer des Hotelverbands. Es sei schon immer schwierig gewesen, angemessene Preise zu erzielen, weil Deutsche sehr preissensibel seien. Für sinkende Preise sehe er momentan keine Spielräume.

Beraterin Zarges-Vogel argumentiert: «Eine gewisse Leistung hat einfach ihren Preis.» Es müsse im Bewusstsein der Gäste noch besser verankert werden, dass sie «nicht auf dem Ramschmarkt» unterwegs sein könnten, wenn sie eine gewisse Leistung erwarteten. «Im Konsumgüterbereich ist das ganz selbstverständlich und bei Reisen, glaube ich, werden wir uns daran gewöhnen müssen.»

Preissensible Gäste

Die Bedürfnisse der Gäste stiegen, und mit den höheren Preisen würden diese auch sensibler, sagt die Beraterin. Individualität sei deshalb ganz wichtig. Das beginne bei den kleinen Dingen am Frühstücksbuffet, etwa mit regionalen Produkten. Aber auch beim Design oder der Ausstattung des Hotels, indem man sich Dinge überlege, die der Gast nicht überall finde. Oder beim Service etwa mit einer persönlichen Atmosphäre. «So kann man Alleinstellungsmerkmale aufbauen, die Hotelketten niemals haben werden.»

Hotelier Heinzler profitiert von seiner Lage in der Tourismus- und Ferienregion Bodensee. Die Stadt- und Geschäftshotellerie leide stärker unter den Corona-Folgen als die Ferien-Hotellerie, sagt Verbandsgeschäftsführer Warnecke. Die touristische Nachfrage habe sehr viel schneller wieder angezogen.

Schwierige Nachfolgersuche

Ein weiteres Problem: Viele Hotelbesitzer sind laut Warnecke nicht mehr die Jüngsten und finden keinen Nachfolger. In die entstehende Lücke drängten Hotelketten. Wenn ein Platz frei werde, verdrängten diese die Privathotellerie. Hotelier Heinzler hofft hingegen, dass sein Familienbetrieb in vierter Generation von den eigenen Kindern übernommen wird.

Was die Suche nach einem Nachfolger erschwert: Hoteliers müssen sich laut Warnecke mit viel lästiger Bürokratie beschäftigen. Große Hotelgesellschaften hätten entsprechende Strukturen oder ganze Abteilungen, die alles regelten. Andererseits seien kleine Privathotels schneller und könnten viel besser auf neue Marktgegebenheiten reagieren.

Heinzler blickt derweil auf den grauen Bodensee hinaus. Seine Stimmung sei nicht ganz so trüb. Er und viele seiner Kollegen seien aber verunsichert. Der Standort lasse ihn hoffen. «Der Bodensee hat sich in den letzten Jahren super entwickelt», sagt er mit Blick auf die Übernachtungszahlen. Er wäre schon zufrieden, wenn er trotz der Preissteigerungen das Niveau halten könne.

Eine Prognose des Hotelverbands könnte ihm Hoffnung machen: Der Verband geht davon aus, im kommenden Jahr etwa die Gästezahlen und Umsätze von 2023 zu erreichen.

© dpa-infocom, dpa:231219-99-346669

Autor:

Victor Schlampp aus Schwabach

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